Wanderung vom Gut Herrmannsdorf zum Wildenholzener Burgberg

Wanderung 9,4 KilometerKarte

So, wenn ich nach diesem Beitrag noch mal von einer „Klassiker-Runde“ schreibe, dann als stilistisches Mittel. Keine Runde sind wir derart häufig gegangen, wie diese. Das hat einen guten Grund: Extrem flexibel kann sie so verlängert werden, wie es Lust und Zeit erlauben. Außerdem ist sie ist nie langweilig und am Ende gibt’s als Belohnung immer Kuchen. Egal welche Wegvariante wir gewählt haben, das Café Bauer war entweder Ziel, Ausgangspunkt oder Beides.

Start dieser Wanderung war diesmal der Parkplatz von Gut Herrmannsdorf. Im Hinterkopf: Bewährtes verbessern. Und um es vorwegzunehmen, die knapp 10 Kilometer lange Runde gewährte tatsächlich ganz neue Aus- und Weitblicke! 

Losgewandert an den Herrmannsdorfer Landwerkstätten,

Karl Ludwig Schweisfurth besaß mit Herta die größte Wurstfabrik Europas. Als ihm im Rahmen der Nachfolgeregelung mit seinen Kindern klar wurde, dass sie das Unternehmen nicht weiterführen möchten, setzte ein Umdenken ein. Er verkaufte sein Unternehmen an Nestlé, die kein Problem hatten, die von ihm aufgebaute Fleischfabrik weiterzubetreiben. Und aus Saulus wurde ein Paulus, mit der „Idee und Vision einer neuen und nachhaltigen Agrar- und Ernährungskultur, ökologisch, handwerklich und regional.“ Mit dem Geld gründete er die  Schweisfurth-Stiftung  und die Herrmannsdorfer Landwerkstätten bei Glonn. 30 Jahre später hat sich das Unternehmen kräftig entwickelt und vertreibt im lokalen Raum Fleisch, Wurst, Käse und Brot.

Rechtsdrehendes Wasser und Granitspiegel

Auf dem Gutsgelände ist Kunst omnipräsent, denn die ist eine Herzensangelegenheit von Karl Ludwig Schweissfurth. Er schreibt in seinem Buch: „Mein Versuch war, einen ganz alltäglichen Lebens- und Arbeitsraum zu einem Kunstwerk zu machen.“  Und das macht einen Besuch  auf Gut Herrmansdorf auch so spannend, denn Installationen findet man über den Schweinegehegen, bei der eigenen Kläranlage oder auf einer Wiese vor dem Wald.

Ob sich der Herr Schweissfurth an der ein oder anderen Stelle etwas „vergalloppiert“ hat, mag jeder selber beurteilen. Lustig ist es allemal auf Schautafeln von „rechtsdrehendem Wasser“ zu lesen, oder sich den „Steinspiegel aus Granit“ anzusehen, „der  in einem Erdhügel die Strahlung einer Wasserader von negativer Energie auf positive verändert“… „Eine Steinsäule nimmt als „Resonator“ diese Energie auf und überträgt ihre anregende Wirkung auf sieben im Kreis gepflanzte verschiedene Bäume und von da aus weiter auf ganz Herrmannsdorf.“

Planet Wissen – Dokumentation „Vom Fleischfabrikanten zum Biobauern“ (58 Min.)

Folge der Kunst! Wie wirkt sie auf dich?

Darauf kommt es letztendlich an. Das ist nicht viel anders, als der Geschmackstest vom Herrmannsdorfer „Schweinsbräu“, für das ich mich leider nicht begeistern kann. Schau dir den Gutshof an und du wirst viele Details entdecken, die dir gefallen werden. Mein Favorit ist die  „Blaue Blume“, einen Ort der Ruhe, in dem sich ruhig innehalten und seinen Gedanken nachhängen lässt, oder der „Labyrinth-Berg“. Beides liegt hinter dem Gut, wenn du rechts an der Gaststätte und weiter an der Biogasanlage vorbei gehst. Folge dem Weg in nördlicher Richtung, der sich rechts entlang der Hecken dem Waldrand nähert.

Das Herrmansdonrfer Jahr kennt viele Termine, an denen sich bei gutem Wetter Hinz und Kunz auf die Füße treten. Ob im Biergarten oder auf dem Labyrinthberg. Besonders vom Berg lässt sich das Alpenpanorama wunderbar beobachten.

Wir haben mittlerweile den Waldrand erreicht, wo hinter einem Zaun glückliche Schweine den Boden umgraben. Hier stehen wir und beobachten, wie sie sich die Bäuche am Baum reiben und ganz sie selbst sein können.

Der Weg taucht in den Buchenwald ein, aber nicht zu tief. Immer sehen wir das Licht des Feldes. Überraschend dann ein scheinbar keltischer Kultplatz. Bis hierher kommen die Wenigsten, denn der Weg kann bisweilen durchaus „batzig“ sein. „24 Granitfindlinge wurden vom Künstler wie die Schiffsgräber aus der Bronzezeit in Nordeuropa zu einer Arche geformt. Als Memento mori für in Bayern gefährdete oder bereits ausgestorbene Arten sind in die Innenfläche der Findlinge 406 Namen aus der roten Liste von 1992 eingraviert.“ Für unsere Kinder war dieser Platz immer magisch, aber auch Ort zahlreicher Kletter- und Verfolgungsspiele. Als Eltern kann man entspannt sein. Hier geht nix kaputt.

 Café Bauer: ein bisserl versteckt

Entlang blühender Hecken schreiten wir aus. Alsbald beginnen zur rechten Wegseite die Gatter des nahen Gestüts. Der Weg kreuzt die Strasse nach Eichting und führt weiter in nördlicher Richtung. Nachdem wir ein kleines Waldstück durchquert haben, sehen wir inmitten grüner Felder das Einzelanwesen am Filzenweg. Wildenholzen ist nicht mehr fern. Aus einem Wiesenweg wird eine Teerstrasse, die nun einen Linksbogen beschreibt.  Wir halten uns rechts, als wir die Landstrasse erreichen. Das Café Bauer erwartet uns gleich nach der nächsten Kurve.

Manche nennen das Cafe nach den Ausscheidungen der einst freilaufenden Hühner, die ihr Geschäft zwischen den in der Gartenwiese platzierten Tische verrichteten. Wir haben das nie getan, weil A nicht nachvollziehbar und B wir Respekt vor den guten Kuchen und der Resi haben.  Lange wars ein Geheimtipp, weil das Lokal so schön versteckt liegt. Vielleicht ist’s noch immer ein Fehler davon zu schreiben, aber wer den Völkerauflauf an schönen Wochenenden kennt, kommt zu einem anderem Schluss. Kuchen und Getränke holt man sich selber im Café, der Rest wird gebracht. Geduld muss man mitbringen, denn das Lokal ist ein echter Familienbetrieb, wo man sich hilft, aber auch nur zwei Hände hat. Beschleunigungswünsche sollte man zum Himmel schicken aber nicht äußern. Bringt nix, oder die Antwort fällt harsch aus.

Ach ja, im Winter hat das Café Bauer geschlossen, wie auch von Mittwoch bis Freitag. Webseite: www.gibtesnicht.de.

Hühnerstall

Der Burgberg derer von Pienzenau

Vom Café Bauer führt die Straße leicht abschüssig nach Osten. Schon nach 300 Meter wartet das nächste Etappenziel. Links, zwischen zwei Bauernhöfen, sehen wir die kleine weißgekalkte Kapelle St. Andreas. Sie ist das letzte Überbleibsel des spätmittelalterlichen Wohnturms. Wildenholzen war Stammsitz der Pienzenauer bis zu deren Aussterben um 1800. Der Sage nach stürzte sich Afra von Pienzenau in den Burgraben, da sie den Tod ihres Mannes nicht verwinden konnte. Dort soll sie auch begraben sein, da man ihr als Selbstmörderin keinen Friedhofsplatz geben wollte. 1818 wurde lt. Wikipedia das Schloss bis auf die Burgkapelle abgebrochen.

Zurück entlang des Brucker Moos

Vom Burgberg führt links ein sehr schöner kleiner Pfad hinab ins Tal, von wo wir wieder auf die Teerstraße kommen und ihr Richtung dem Ort „Bruck“ folgen. Viel Verkehr ist hier zum Glück nicht mehr. An der nächsten kleinen Kreuzung, wo es neben einem schönen Kastanienbaum einen alten Bildstock gibt, biegen wir rechts nach „Nebelberg“ ab, das sich am Hang, leicht oberhalb des Brucker Moos schmiegt. Es sind nur wenige Häuser, die den freien Blick auf die Talsenke genießen können. Ab hier geht es wieder nach Süden zurück. Wir wählen immen den Weg, der dem weiten Tale am nächsten ist.

Begradigt und etwas ihrem mäandernden Charme beraubt zieht die „Alte Moosach“ wie mit dem Lineal gezogen, durch das Moos. War noch vor 100 Jahren das Filz unbegehbar, ist es heute zumindest wenig besiedelt. Das macht den Lebensraum so besonders. Obacht: Die Bodenbrüter sollen besonders in der Nistzeit zwischen dem 20. März und dem 30. Juni so wenig wie möglich gestört werden. Wege sind nicht zu verlassen und Hunde sollten an die Leine.

Etwa 800 Meter nach dem Weiler Schlipfhausen stößt der Weg auf einen das Moor querenden Feldweg. Wir halten uns 250 Meter rechts, um beim Heustadel am Waldrand weiter in südlicher Richtung zu marschieren. Das machen wir, bis wir auf einen kleinen Teerweg stroßen, der sich den Hang hinauf nach Westen windet. Oben sehen wir schon die Gehöfte von Kleinrohrsdorf. Wir befinden uns hier bereits parallel zum Gut Herrmannsdorf. Um die, wenn auch kleine Teerstraße zu meiden, weichen wir nach dem Ort am Waldrand auf den Feldweg aus, der in einer sanften Kurve nach Galling fährt. Längst winkt das Öko-Gut über die Felder zu uns herüber. Noch bevor wir den Ort erreichen, halten wir direkt auf die Geflügelfreiläufe zu. Ein kleines Tor bietet Durchlass, sodass wir geradewegs auf den Parkplatz zusteuern können.

Vielleicht habt ihr ja bereits wieder Hunger und Durst. Den könnt ihr jetzt im Biergarten oder der Herrmannsdorfer Wirtschaft stillen. Oder ihr habt jetzt einen Frischluft-Schock und streitet Euch, wer bei der Rückfahrt einnicken darf. Viel Spaß auf jeden Fall!

Kleine Orientierungshilfe

2 Gedanken zu „Schweine, Kunst und ein Berg Kuchen in Herrmannsdorf“

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Author:in

Helmut Eder

Das Spannende liegt nicht immer am Ende des Regenbogens. Immer auf der Suche nach den kleinen Abenteuern und Geheimnissen, die man draussen findet wenn man unterwegs ist. Ich blogge über unsere Touren, meist im Süden von München und das, was uns so bei den Runden in den Kopf kommt.