Rundwanderung: An der Würm von Gauting durchs Mühltal spazieren
Wer viel Natur und abwechslungsreiche Geschichte beinahe vor der Stadtgrenze von München sucht, wird bei dieser klasse Rundwanderung von Gauting entlang der Würm durchs Mühltal fündig. Für das abwechslungsreiche Terrain von Talweite und -hängen, Weitblick und Dickicht, geben wir für diese Tour einen dicken Daumen nach oben. Schade, dass wir so früh im Jahr unterwegs waren und noch auf sattes Grün verzichten mussten. Auf der anderen Seite, sieht man jedoch ohne Laub um einiges mehr von der Landschaft. Wer Zeit und Lust hat, kann die Wanderung übrigens ohne nennenswertes Kilometerfressen über Leutstetten verlängern und dort einen Stopp im Biergarten einlegen.
Das erwartet euch auf der Wanderung durchs Mühltal
- Diese Runde ist insgesamt mehr als abwechslungsreich. Zu entdecken gibt es ursprüngliche Natur an der Würm, Burgwälle aus dem hohen Mittelalter an den Hangkanten oberhalb des romantischen Mühltals, die mystische Drei-Bethen-Quelle, die St. Ulrich Kapelle, als letztes Überbleibsel der ehemaligen Hofmark Königswiesen und die Absturz- und Gedenkstelle für den Starfighter Piloten Ferdinand Eckert, der womöglich Gauting vor einer Katastrophe bewahrt hat. Dass wir auch auf geschichtsträchtigen Römerland unterwegs sind, macht die Tour bestimmt nicht langweiliger.
- Unterwegs seid ihr auf bekiesten Forst-, sowie Teerwegen, meist ohne Verkehr, sowie Naturpfaden unterwegs. Ein Wanderweg kommt dabei auf einer Länge von 200 Metern der S-Bahnlinie etwas näher. Ungefährlich, sofern ihr das Gleisbett nicht betretet und auf eigene Gefahr, wie auf dem Schild der Bahn zu lesen ist. Im Mühltal ist es zudem notwendig etwa 100 Meter, entlang der vielbefahrenen Staatsstraße zu gehen. Beides etwas ärgerlich. Da aber der Grünstreifen neben der Fahrbahn ausreichend breit ist und es sich nur um einen Katzensprung handelt, empfehle ich die Runde so trotzdem, da man sich eine Menge langweilige Lauferei entlang der Bahnlinie spart und man nur auf diese Weise zum Kircherl St. Ulrich sowie der Starfighter-Absturzstelle kommt.
- 141 Höhenmeter sind zu laufen, die auf Grund des teils unwegsamen Terrains nichts für Kinderwägen ist. Bei Regen auf gutes Schuhwerk achten!
- Einkehrmöglichkeiten gibt es auf der Tourvariante über Leutstetten in der hiesigen Schlossgaststätte und -biergarten. Ansonsten könnt ihr auch einen weiteren Abstecher zum Gut-Rieden machen, oder einfach eine Brotzeit in die Tasche packen.
Anfahrt mit dem Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln (MVG) nach Gauting
Anfahrt mit der S-Bahn/MVG: Mit der S6 nach Gauting fahren. Etwa 26 Minuten ab dem Hauptbahnhof München. Von dort braucht man 20 Minuten für die 1,6 Kilometer zum Ortsende an der Reismühlerstraße. Dahin kommt man über die Bahnhofstraße in südöstlicher Richtung bis zum Hauptplatz an der Würmbrücke. Hier in die südliche Starnberger Straße (rechts) abbiegen. Nach 330 Meter links in die Reismühlerstraße einbiegen und ihr bis zum Ortsende folgen.
Anfahrt mit dem Auto: Für die 14,5 Kilometer lange Strecke ab dem Luise-Kiesselbach-Platz sind etwa 20 Minuten einzuplanen. Von der Stadt geht’s am schnellsten über die Garmischer Autobahn (A95) bis zur Ausfahrt Forstenried/Fürstenried. Von hier über Neuried im Westen und die Umgehungsstraße durch den Forstenrieder Park bis Gauting. Parkplätze findet ihr im Straßenbereich der Reismühlerstraße am Ortsende (Google Link) oder beim etwas weiter entfernten Freibad Gauting – nicht unbedingt zu den Öffnungszeiten – (Google Link). Ja, es gibt an der Reismühle einen Parkplatz am Fitnessclub, der aber den Kunden vorbehalten ist.
Start der Wanderung von Gauting über die Reismühle ins Mühltal
Warum es gerade spannend ist, nicht direkt an der Reismühle, sondern am Ende der fahrbaren Reismühlerstraße zu starten, ist auch, dass ihr euch vor dem Ortsende von Gauting über der römischen Siedlung Bratananium befindet. Zwei Infotafeln geben hier Einblicke über die Geschichte der Römerstraße nach Kempten, deren Spuren man bei gutem Licht und entsprechender Vegetation als Damm halb rechts im Acker erkennen kann. Außerhalb der Römersiedlung befand sich auch ein Feld mit 200 Brandgräbern.
- Die Reismühle mit dem markanten Turm seht ihr als erstes Zwischenziel halblinks hinter den Feldern. Wir erreichen sie über die vor uns liegende Teerstraße, die auf die Zufahrtsstraße im Süden stößt.
Römersiedlung „Bratananium“ aka Gauting
Zur Römerzeit war Gauting nicht nur eine wichtige Straßenstation mit Brücke über die Würm, sondern auch eine zivile Siedlung für 140 – 200 niedergelassene Arbeiter, Handwerker und Händler.
Ausgrabungen zwischen der Sophien-, Reismüllerstraße und -Weg, lassen auf das Lager eines Keramikhändlers, sowie das Haus und Werkstatt eines Feinschmieds schließen. Es befanden sich hier außerdem ein Badehaus, eine Markthalle und Basilika. Die Straßenstation selbst wird beim Schwimmbad vermutet. Der kleine römische Verwaltungssitz existierte von ca. 50 n. Chr. bis ins 4. Jh. Wann und was das Ende von Bratananium war, ist unbekannt.
Auch wenn die Reismühle erst 1281 urkundlich erwähnt wurde, soll hier bereits am 6. April 742 oder am 2. April 747 angeblich Kaiser Karl des Großen geboren worden sein. Einen Beleg dafür gibt es nicht, auch wenn die Kaiserkrone und Mühlräder im Gautinger Wappen als Hinweis dafür gelten, dass sich in der nächsten Umgebung ein karolingisches Königsgut befand. Heute wird in der Reismühle kein Korn mehr gemahlen, stattdessen befinden sich auf dem ehemaligen Betriebsgelände heute ein Kunstatelier, Fitness-Club und ein Filmservice.
- Wir umrunden die Reismühle nördlich des Fitnesclubs, wo auch der Reismühlweg von Gauting mündet. Über eine Brücke gelangt man hier auf die andere Seite der Würm, wo wir nach 80 Metern auf die Leutstettner Straße stoßen. Rechts nach Süden abgebogen, folgt der Weg dem Gewässer 250 Meter flussaufwärts, bis am Waldrand rechts ein Fußpfad zur Würm führt. Ab hier mäandern wir 700 Meter entlang einem herrlichen Uferweg, der bei Regen vermutlich ordentlich baatzig ist. Umgestürzte Bäume im Wasser und über dem Pfad, lassen uns die Natur besonders ursprünglich erleben. Achtung. Ein Fotomotiv jagt das andere!
Eure Wahl: Berg oder Tal, Biergarten Leutstetten oder nicht
Wegoption 1: Hinauf zum Schlossberg
- Option 1: Kurz vor den Pferdekoppeln des Reitvereins stößt der Weg wieder auf den Forstweg, aber nicht lange, denn noch vor den Gebäuden führt ein Fußweg links hinauf zur Hangkante über dem Mühltal. Wählt diesen Weg, wenn ihr zu den Wällen der ehemaligen Burg am Schlossberg spazieren wollt. Dafür immer den am Hang nächst verlaufenden Wanderweg gehen. An einem Hangsporn 20 Meter über der Würm sind die Wälle der Anlage noch deutlich zu erkennen.
Der Schlossberg
Die zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert errichtete Kleinburg wurde vermutlich als Sitz für Vasallen und Dienstleute der nur einige hundert Meter nördlich gelegenen Karlsburg errichtet. Fachleute stufen die Anlage sogar als ältere Wehrburg aus der Zeit der Ungarneinfälle gegen 900 nach Chr. ein, die bis zu 300 Menschen kurzzeitig Schutz bieten konnte.
- Von Schlossberg führt der Wanderweg weiter die Hangböschung oberhalb der Würm entlang. Nicht absteigen, bis ihr wieder auf einen gut befestigten Forstweg stoßt, um auf ihm weiter nach Süden (rechts) bis zur nächsten Wegkreuzung zu gehen. Hier treffen die Wege von Option 1 und 2 wieder aufeinander.
Wegoption 2: Weiter der Würm entlang
- Für alle, die lieber am Fluss wandern und dabei etwa 500 Meter Wegstrecke mehr in Kauf nehmen wollen (nicht in der Wanderkarte als Wegstrecke abgebildet). Spaziert 1,3 Kilometer weiter entlang der Würm bis ihr auf einen Forstweg stoßt, der links hangaufwärts führt. Oben an der nächsten Wegkreuzung trefft ihr wieder auf den beschriebenen Weg von Option 1.
Wieder auf vereinten Wegen: In den Biergarten, oder direkt weiter?
- Während die Wanderer der Wegoption 1 einfach nur den Forstweg kreuzen, biegen die Spaziergänger von Wegoption 2 nach rechts (südwestlich) ab. Verflixt! Bereits nach 400 Meter müsst ihr eine weitere Entscheidung treffen, nämlich, ob ihr zum Biergarten nach Leutstetten, oder ohne große Umwege zur Drei Bethen Quelle im Mühltal weiterlaufen wollt.
Wegoption 3 – Direkt weiter ins Mühltal
- Der Wanderpfad führt die Richtung nach Westen beibehaltend entlang der breiten Hangkante weiter. Sowie ihr in nächster Nähe des Weges das Licht des Feldes seht, ist es ab hier sehr viel schöner, am Waldrand entlang nach Südwesten zu gehen, bis ihr auf den Waldweg in Mitten der Wiesen/Felder trefft. Den Feldweg weiter nach Westen folgen. An der Wegkreuzung am Waldrand treffen die zwei Routen (3 und 4) wieder aufeinander.
Wegoption 4 – Schlenker über den Biergarten Leutstetten
- Den Weg links folgen, der in südlicher Richtung aus dem Wald hinaus führt. Dort den Wanderweg aus dem Osten im spitzen Winkel kreuzen und der Baumgruppe entlang, bis praktisch vor dem Biergarten gehen.
- Nach der Brotzeit im Biergarten den Weg hinter der Wirtschaft in westlicher Richtung spazieren. Er führt entlang der Pferdekoppeln bis zum Waldrand, wo die zwei Routen (3 und 4) wieder aufeinander treffen.
Zur Drei Bethen Quelle und weiter nach Obermühltal wandern
- Vom Waldrand führt der Weg ab hier kontinuierlich absteigend hinunter bis zur Staatsstraße im Mühltal. Wenn man es nicht besser weiß, übersieht man dabei, dass rechts oberhalb einst die Karlsburg thronte, die durchaus einen kurzen Abstecher wert ist.
Karlsburg
Außer größeren Bodenverwerfungen ist von der einst stolzen Karlsburg nichts mehr zu sehen. Die Fundamente schlummern im Boden. Mit seinem Mauerumfang von 300 Metern und den sieben halbrunden Türmen war die Anlage wohl wehrhaft genug, um den Grafen von Andechs Respekt einzuflößen (wie lokal die blutigen Streitereien einst waren). Um das Jahr 1313 soll die Burg während des Krieges zwischen den Herzögen Rudolf I. und Ludwig der IV (Ludwig der Bayer) weitgehend zerstört worden sein. Beim Bau des nahen Schloss Leutstetten wurden viele Steine dieser Burganlage dort wiederverwendet.
- Im Mühltal angekommen, überqueren wir die Staatsstraße und an der Brücke die Würm. Gleich auf der anderen Seite könnt ihr einen Abstecher nach Süden zur Drei Bethen Quelle machen. Dort, wo die Handkarren den Abtransport des heilkräftigen Wassers erleichtern sollen. Vorbei am ehem. Eremitensitz aus dem Jahr 1736 und späteren kgl. Oberjägerhaus, erreicht ihr das Ziel in 300 Metern.
- Im Anschluss kommt ihr nach Obermühltal, wenn ihr den Wanderweg auf der anderen Straßenseite bis zum ehemaligen S-Bahnhof und Biergarten geht.
Mystisch: Die Drei Bethen Quelle
Als die drei Bethen werden die christlichen Heiligen bezeichnet, von denen man auf die Existenz gleichnamiger keltischer Göttinnen schließt, die ebenfalls Bethen genannt werden. Einbeth bzw. Ambet ist die jungfräulich-mütterliche Erdgöttin, Warbet bzw. Borbet als die Sonnengottheit und Wilbet aka Wilbeth als Glücksgöttin und Mondfrau, die als bäuerliche Göttinnen der Fruchtbarkeit und Ernte und Helferinnen gegen Krankheit, Viehseuche und Kindsnöte gelten. Örtliche Verweise findet man z.B. im Ortsteil „Einbettl“ bei Leutstetten.
Esotheriker kommen zu der Quelle von weither, da ihr Heilwasser gut für die Augen und das Gedächtnis sein und zu geistiger Klarheit – Klarsichtigkeit – verhelfen soll. Sie schmücken den Ort mit bunten Bändern, Kerzen und Opfergaben. Doch das Gesundheitsamt warnt vor dem Genuss, da fiese Koli-Bakterien im Heilwasser festgestellt wurden.
Vom Obermühltal nach Königswiesen und zurück nach Gauting gewandert
Wenn ihr oben in Obermühltal angekommen seid und den Eindruck habt, dass es hier irgendwie verlassen aussieht, dann liegt das daran, dass 2004 der ehemalige S-Bahnhof Mühltal aufgegeben wurde, wie der neue Pendlerbanhnhof „Starnberg Nord“ eröffnet wurde. Selbst der schön gelegene Biergarten verkommt allmählich, da er für die Betreiber unrentabel geworden war. Im Golfclub Rieden etwa einen Kilometer weiter südlich gibt es noch eine gehobene Einkehrmöglichkeit.
- Am ehemaligen Bahnhof Obermühltal wenden wir uns nach Norden. Vorbei am Lost-Place Biergarten führt der Wanderweg zunächst rechts am Haus vorbei, bevor wir 200 Meter rechts vom Gleisbett wandern. Obacht, Hunde an die Leine, Kinder besser an die Hand nehmen! Die Strecke flott und auf eigene Gefahr passieren (siehe Foto). Danach zweigt der Weg in den Wald ab, um diesmal auf der westlichen Hangkante zu verlaufen. Von hier habt ihr einen schönen Blick auf den gegenüberliegenden Karlsberg und das Forsthaus Mühltal unter uns. Nach St. Ulrich sind es ab dem Wegkreuz etwa 800 Meter auf dem Waldweg, der bis 1875 die einzige Straßenverbindung von Gauting nach Starnberg war, als es im Tal unten durch die regelmäßigen Überschwemmungen für Fuhrwerke zu morastig war. Der steile Wegabschnitt hinunter ins Mühltal, machte den Fuhrleuten dabei arg zu schaffen.
St. Ulrich und Starfighter Absturzstelle bei Königswiesen
Das kleine Kirchlein St. Ulrich steht als letztes verbleibendes Bauwerk des ursprünglichen Ortes Königwiesen, das bis auf den Namen nichts mit dem neuen Gautinger Ortsteil zu tun hat. Seit 1524 ist diese Kirche nachgewiesen, für das bereits ein Vorgängerbau vermutet wird, zumal Königswiesen direkt an der Römerstraße lag. Ab dem 1500 Jahrhundert wurde hier auch ein kleines Jagdschloss errichtet. Im 16. Jahrhundert erweitert, wurden die zwei Hauptgebäude zu beiden Seiten der Straße im Obergeschoss mit einer hölzernen Brücke verbunden. 1865 wurden alle Gebäude bis auf die Kirche St. Ulrich abgebrochen und die Flur aufgeforstet.
Starfighter Absturzstelle
Am 17.4.1968 stürzte auf einen Werkstattflug ein Starfighter F-104 G aus ungeklärten Ursachen ab. Auf Höhe von Augsburg fand mit dem Piloten Ferdinand Eckert der letzte Funkkontakt statt. Untersuchungen haben die Vermutung erhärtet, dass der Pilot das Flugzeug bewusst in den Wald gesteuert, um den Absturz auf die Reismühler Siedlung von Gauting zu vermeiden. Vom Piloten selbst wurde nur der Helm auf der anderen Seite der Staatsstraße gefunden.
Von den 916 Starfightern der Bundeswehr ging knapp ein Drittel (269 Maschinen) durch Abstürze verloren, wobei 116 Piloten der Luftwaffe ihr Leben verloren. Darum war die Lockeed auch unter der Bezeichnung Witwenmacher, Erdnagel, fliegender Sarg oder Sargfighter bekannt.
Ein schlichtes Holzkreuz erinnert heute an der Absturzstelle an den Piloten Ferdinand Eckert.
- Auf der ehemaligen Fern- und Römerstraße wandern wir 650 Meter von Königswiesen nach Norden. Etwas unscheinbar führt ab hier ein etwas ungepflegter Weg hangabwärts nach Osten (rechts), dann ab der Zufahrt zu den Brunnenfassungen in nordöstlicher Richtung bis zur Staatsstraße.
- Für kurze 100 Meter wandern wir in nördlicher Richtung im Grünstreifen neben der Staatsstraße, um danach in den Wirtschaftsweg auf der anderen Straßenseite einzubiegen, um nach weiteren 100 Metern dem Weg nach links (Norden) zu folgen. Die Wirtschaftsgebäude der ehemaligen Reismühle sehen wir alsbald gerade vor uns liegen. Ab hier solltet ihr den Weg zum Auto oder dem Bahnhof bereits kennen!