(Wanderung von 9 Kilometern) Das Mittelgebirge der Schwäbischen Alb hat einiges zu bieten. Wer tolle Ausblicke schätzt, ohne dafür ans körperliche Limit gehen zu müssen, der findet hier wirklich eine große Anzahl wunderbarer Genusswanderungen. Ich war auf halbem Weg zwischen Stuttgart und dem Bodensee unterwegs und konnte neben dem Traufgang Zollernburg Panorama auch diese tolle Tour um die Hossinger Leiter erleben. Mit dabei: Journalisten, Blogger und das Traufgang-Team aus Albstadt, die uns zwei ihrer bislang neun Premiumwanderwege vorgestellt haben.
Wir erfahren auf dieser 3-4 Stunden-Wanderung die namensgebende Hossinger Leiter und oben auf dem Gräbelesberg tolle Ausblicke in unterschiedliche Himmelsrichtung. Das haben wohl auch die Kelten zu schätzen gewusst, die an dieser exponierten Stelle eine Feste errichtet haben.
Losgewandert bei Albstadt-Laufen, Raiten 1
Früher Vormittag. Schon vom Parkplatz sehen wir das Ziel unserer Wanderung – den Gräbelesberg – in fast greifbarer Entfernung. Die sportliche Herausforderung, die Albtraufkante in luftiger Höhe dort oben zu erreichen, ist gering, aber darum geht es hier nicht. Mit seinen scharfen Abbruchkanten zum Tal hin weckt er vielmehr Vorfreude auf den kurzweiligen und genussvollen Aufstieg und einen lohnenden Blick hinunter ins Tal.
Noch stehen wenige Fahrzeuge auf dem großzügigen Parkplatz direkt an der Bahnverbindung von Albstadt nach Balingen. Rein in die Wanderschuhe. Vorbei am Gasthaus „Traufganghütte“. Zum Start: Wie bei jedem Premiumwanderweg kann man sich an einer Infotafel über den Tourverlauf, die Rastmöglichkeiten und Besonderheiten unterwegs vorab „aufschlauen“. Eine eigene Wanderkarte ist nicht notwendig, da der Streckenverlauf durchgängig hervorragend ausgeschildert ist.
Was sind eigentlich Premiumwanderwege?
Der Traufgang „Hossinger Leiter“ ist ein sogenannter „Premiumwanderweg“. Er reiht sich ein, in eine Vielzahl von im wahrsten Sinne des Wortes „ausgezeichneter“ Wanderwege, die in vielerlei Hinsicht viel Spaß machen. Erfahre hier, was Premiumwanderwege eigentlich so besonders macht.
Über die Hossinger Leiter hinauf zum Gräbelesberg
Kurze 250 Meter gehen wir am Bahndamm nach Nord-Osten, bis wir an der nächsten Abzweigung den Teerweg nach rechts (süd-osten) abzweigen. Auf Teer müssen wir nicht lang gehen. Der Weg führt weiter in den Talkessel, an dessen Ende sich die „Hossinger Leiter“ befindet. Zuerst geht’s über Wiesen, dann am romantischen Lauterbach entlang und hinauf durch den freundlichen Mischwald. Herbstliche Blätter färben das Laub gelb und rot. Die wenigen Abzweigungen sind gut beschildert. Die Steigung ist stets moderat. Wenn wir an die steilen Felsen der Traufkante stoßen, wird es spannend. Die Hossinger Leiter erreichen wir nach insgesamt 2,6 Kilometer. Links die Wand, an der wir auf einem schmalen, aber sicheren Steg vorbeischreiten und über Stein und Metallstufen das felsige Nadelöhr überwinden.
Die Hossinger Leiter
Die Hossinger Leiter war lange Zeit der tägliche Weg der Arbeiter von Hossingen zu ihren
Arbeitsplätzen in der Textilindustrie im Eyachtal. Dabei waren zu jeder Jahreszeit jeweils 250 Höhenmeter zu überwinden. Teils aus Metall und Stein führt sie über zwei Brücken und überbrückt dabei eine markante Steinstufe im Fels, die vor 1900 noch auf Holzleitern bezwungen werden musste. Von dort ging es mit dem Zug zur Arbeit nach Laufen, Balingen oder Ebingen. Die Zeiten waren hart und zwangen auch Schwangere bis zum letzten Tag vor der Entbindung diese Strapazen auf sich zunehmen. Eine Frau soll gar unter einem Felsen der Hossinger Leiter einmal ein Kind zur Welt gebracht haben, da sie es nicht mehr rechtzeitig zurück ins Dorf geschafft hatte.
Hossinger Hochfläche Spuk an der Hossinger Leiter
Man erzählt sich auch, dass hier manchmal ein Geist eines Mannes Leute bis zum Ort begleitete. Er soll vor vielen Jahren sein Weib in der Säge totgeschlagen haben.
Im Sommer lädt die nahe Grillhütte gleich oberhalb der Hossinger Leiter für eine Brotzeit mit Wurst, Halsgrat und Bier ein, die ihr natürlich nebst Kohle im Gepäck habt. In Winter müsste es schon Glühwein sein.
Hier biegen wir rechts ab und folgen weiter dem Wanderweg hangaufwärts, der uns an einen Waldrand führt, von wo wir einen schönen Blick auf den Ort Hossingen erhalten.
Den Gräbelesberg erreichen wir nach weiteren abwechslungsreichen 1,5 Kilometern. Unterwegs konnten wir bereits einige schöne Blicke hinüber ins Tal nach Lautingen werfen, wo übrigens dem Widerstandskämpfer Claus Schenk Graf von Stauffenberg am Familienschloss eine Gedenkstätte gewidmet ist.
Auch am späten Vormittag begegnen wir nur vereinzelt anderen Wanderern. Die Mehrheit scheint die Runde später als wir zu beginnen. Gut für uns.
Schöner Drohnen-Flug-Clip über den Gräbelesberg von _naturfotograf_:
Keltenfeste und Bärenhöhle
Der Gräbelesberg ist wirklich eine exponierte Erhebung. Von drei Seiten ist er von schroffen Felsen umgeben, was ihn als Festungsstandort von der Keltenzeit bis ins frühe Mittelalter prädestiniert hat. Der Zugang findet von der westlichen Seite von der Hossinger Hochfläche statt, wo noch heute eindrucksvoll hohe Wälle von seiner Schutzfunktion zeugen. In einem Bogen wandern wir die Alptraufkante ab.
Der archäologische Gräbelesberg
Das ebene Plateau war aber zur Besiedelung wie Verteidigung wie geschaffen. Der Berg weist verschiedene Befestigungsanlagen wie Wälle und Gräben auf. Bis heute sind sich die Archäologen aber nicht ganz einig, welcher Teil der Burg welcher Epoche zuzuordnen ist. Bereits ab 150 v. Christus wurden Befestigungs- und Verteidigungsanlagen gegen eindringende Germanen angelegt. Das doppelte Wallgrabensystem könnte im Mittelalter zur Zeit der Ungarneinfälle im Mittelalter aber zusätzlich noch einmal verstärkt worden sein. Grabungen im Jahr 1939 haben einige Metallfunde freigelegt, die hier auf das Bestehen einer Schmiede im 6. Jahrhundert hinweisen.
Die Höhle am Gräbelesberg
Nahe am Hang öffnet sich im Boden ein tiefes Felsenloch. Steil und mehrere Meter tief wirkt es wie eine riesige Mammutfalle mit angeschlossener Bärenhöhle. Das Hinabsteigen ist nicht einfach aber auch nicht notwendig, denn es gibt einen Geheimgang, der das Entdecken möglich macht. Etwa 10 Meter versteckt an der Bergkante befindet sich ein abenteuerlicher Zustieg. Unterirdisch bringt er uns zum Felsenloch, wo wir den Rest des Teams wie Zuschauer von oben zu uns herunterblicken sehen.
Die Aussichtspunkte auf dem Gräbelesberg kommen im Minutentakt. Wir wollen nichts verpassen. Die Blicke schweifen hinunter ins Eyachtal nach Laufen und über die Alp hinaus Richtung Balingen. Im Herbst ist der Mischwald ein besonders fröhlicher Fleckenteppich, der selbst beim eher trüben Tag wunderschön anzusehen ist. Wir legen die Kameras gar nicht mehr zur Seite.
Der Abstieg zurück ins Eyachtal
Es braucht knapp drei Kilometer zurück zum Parkplatz im Eyachtal. Die Wege sind breit, und gut zu gehen. Unterwegs überrascht uns noch einmal ein „Land-Art-Kunstwerk“. Waren es Wanderer oder Spaßvögel, welche auf die Weg-Befestigungspfosten wahrhaft kunstvoll Felsbrocken aufeinandergestapelt haben. Das war sicherlich nicht immer ganz einfach, da sie sich auch in beachtlicher Höhe befinden. Ich mag solche Ideen.
Die letzten hundert Meter zum mitlerweile gut gefüllten Parkplatz gehen wir wieder am Lautenbach entlang.
Fazit zur Wanderung Hossinger Leiter
Mit drei bis vier Stunden ist der Premiumwanderweg und Traufgang „Hossinger Leiter“ einer von den kürzeren, aber nicht minder attraktiven Touren in der Region um Albstadt. Sie ist wie geschaffen, um z.B. sonntags noch eine Tour nachzuschieben, um das Optimum aus einem erfüllten Wanderwochenende herauszuholen. Die vielen schönen Ausblicke bleiben noch lange in Erinnerung. Im Vordergrund stehen Genuss und nicht die sportliche Herausforderung. Daumen rauf!
Weitere Wanderungen und Premiumwanderwege in der Schwäbischen Alb findet findet ihr auf der Website www.traufgaenge.de.