Wanderung rund um das Radom und die Erdfunkstelle Raisting

Wanderung 11,3 oder 4,5 KilometerKarte

Was für ein Szenario: Parabolantennen neben barockem Kirchlein und blauem Himmel. In der Ferne das Panorama der Voralpen. Das Bild findet sich in vielen Reiseführern und überall dort, wo es um die Innovationsfähigkeit von Bayern geht. Klischee hin oder her. Auf jeden Fall wollten wir schon lange nach Raisting und uns vor Ort einen eigenen Eindruck verschaffen. Spoiler: Wir hatten eine tolle Wanderung! Das mag am klirrenden Wintersonntag mit tollem Raureif in jedem Ästchen gelegen haben, oder der abwechslungsreichen Wegführung, ganz bestimmt aber an den Parabolantennen im Space-Design und unserer Begleitung. Tipp: Nachwandern!

Herrlicher (Winter)-Wanderung

Das erwartet euch rund um Raisting

  • 11,3 Kilometer auf weitgehend ebenen Feld-, Wald- und Wiesenwegen. Außerdem wandert ihr auf kleinen Teerstraßen mit wenig Anliegerverkehr. Ihr solltet dafür ca. 3 Stunden einplanen. Alternativ gibt es eine kurze Runde, die euch zu tollen Fotospots führt und als Schnupperrunde von 4,5 Kilometern einen etwa einstündigen Spaziergang verspricht. Die kurze Runde sollte für Kinderwägen mit größeren Reifen und Rollies kein Problem sein. Bei der längeren Runde wird es beim Wiesenweg im Sommer schwierig. Besser am Feldweg vor der Kirche rechts nach Westen abzweigen.
  • Highlights sind die Parabolantennen, das Industriedenkmal Radom, das wie ein gigantischer Riesenbovist auf dem Feld steht, die malerische Kapelle St. Johannes der Täufer. Ein Teil des Weges führt durch Wald und stellenweise durch eine teils parkähnliche Landschaft.
  • Im Sommer Bademöglichkeit im Raistinger Weiher.
  • Einkehrmöglichkeit gibt es unterwegs keine. Im Gasthof zur Post in nahen Raisting haben wir danach aber toll gegessen.
Heute sind in Rasting sieben Großantennen und über 50 kleinere Antennen im Einsatz, was das Areal zu eine der größten Erdfunkstellen der Erde macht.

So kommt man mit Auto und Zug nach Raisting

Anfahrt mit dem Auto: Vom München Luise-Kiesselbach-Platz braucht ihr über die A95 (Garmisch)/A952 (Starnberg) und die B2 nach Pähl und weiter nach Raisting knapp 46 Kilometer – wenn es flutscht – 40 Minuten. Parken könnt ihr am Parkplatz am Sendemast nahe dem Raistinger Weiher und am Hofstätter Weg. (Google Maps). Alternativ kann man am Radom 500 Meter weiter südlich parken.

Anfahrt mit der Bahn: Mit der Bayerischen Regiobahn könnt ihr entweder über Weilheim (kürzeste Strecke) oder über Norden von Mering oder Geltendorf nach Dießen fahren. Die Fahrzeit dauert zwischen 50 Minuten und 1:10 h (Fahrpläne BRB). Vom Bahnhof folgt ihr einfach den Gleisen für 500 Meter. Wo die Straße ÜBER die Bahnlinie führt, kurz rechts abbiegen. Hier befindet sich linkerhand der Zugang zum Raistinger Weiher, wo unsere Wanderung startet.

Auf geht’s: Durch die Parabolantennen hindurch nach Süden wandern

Kurz ausgeholt. Unsere Anfahrt nach Raisting führte über Starnberg. Kurz vor Pähl, wo die B2 am Hirschberg einen Linksschlenker macht, hatten wir den ersten Wow-Moment. Vormittag, strahlender Sonnenschein und Bodennebel. Unser Startpunkt liegt in der „Raistinger Wanne“, die von Hügelketten im Osten und Westen sowie den Alpen im Süden umrahmt liegt und Ursache für dieses tolle Wetterphänomen ist. Besonders spektakulär, wenn sich die Parabolspiegel und die weiße Kuppel des Radoms der Erdfunkstelle langsam aus dem Dunst abheben.

  • Der Raistinger Weiher versteckt sich nur wenige Meter weiter südlich vom Startpunkt. Wir erreichen den Baggersee über einen Einlass gleich links vom Parkplatz, Richtung Brücke über die Bahngleise. Im Sommer während des Badebetriebs für Hunde leider gesperrt (dann rechts über die Teerstraße am Weiher vorbeigehen) ist der Schlenker über das Wasser zwar ein Umweg, aber einer, den ihr euch nicht entgehen lassen solltet. Wir erleben ihn menschenleer und mit einer dünnen Eisschicht. Raureif hängt in den Ästen. Supertoll. Links am See vorbei, verlassen wir das Freizeitgelände geradeaus bzw. 350 Meter weiter südlich.
  • Am Sportplatz führt zunächst der Fußgängerweg 500 Meter nach rechts Richtung Westen. Unterwegs wird die Zufahrtsstraße zum Radom gequert. Das Ensemble der Erdfunkstelle liegt erstmals vor uns. Der Bodennebel hat sich gelichtet. Die Satellitenanlagen heben sich vor dem blauen Himmel ab, der einen tollen Tag verheißt. Wir biegen an der nächsten Möglichkeit links ab. Der Feldweg führt zunächst an einer Hecke vorbei nach Süden und mitten durch die noch in der Ferne liegenden fünf Großantennen hindurch.

Radom und Erdfunkstelle

Seit 1963 wird ein Stück südlich von Raisting Kommunikationsgeschichte geschrieben. Vom Radom (aus dem englischen radar dome) wurde per Richtfunk zuerst über Satelliten „Telstar II“ kommuniziert. Möglich war erstmals eine weltweite kabellose Übertragung von Daten. Es ließen sich zum Beispiel 240 Ferngespräche gleichzeitig oder eine Fernsehsendung über den Atlantik übertragen. Abgelegen von Flurouten und abgeschirmt durch die Lage der „Raistinger Wanne „, konnten hier Störungen durch terrestrische Funksignale optimal vermieden werden.

Kommunikationsgeschichte in der bayerischen Provinz entdecken

Über die Parabolantenne, die von einer weißen Kunststoffkuppel geschützt ist, wurden die Mondlandung und die Olympischen Sommerspiele 1972 in München übertragen. Das „Rote Telefon“ zwischen der US- und der Sowjetregierung wurde hierüber im Kalten Krieg durchgestellt. Die Elektronik in der durch Tragluft stabilisierten weißen Kuppel wurde jedoch durch neue Satellitentechnik verdrängt, bevor 1985 die Deutsche Bundespost den Betrieb einstellte. Außerdem konnte mit dem ersten Transatlantikkabel in Glasfasertechnik die Übertragungskapazität erheblich gesteigert werden.

Denkmalgeschützt seit 1999

Das Radom ist in der Bayerischen Denkmalliste aufgenommen und zählt zu den deutschen Denkmälern von nationaler Bedeutung.  Als Wiege der satellitengestützten Telekommunikation in Europa ist es ein junges aber wichtiges Industriedenkmal. 2020 wurde die Schutzkuppel mit einem Durchmesser von 49 Metern vom Stum „Bianca“ zerstört und 2021 erneuert. Führungen finden derzeit nur im Außenbereich statt.

Die Telekom verkaufte die kleineren Antennen an EMC eine US-Telekommunikationsfirma. Heute sind in Rasting sieben Großantennen und über 50 kleinere Antennen im Einsatz, was das Areal zu eine der größten Erdfunkstellen der Erde macht.

Erdfunkstelle auf der 50-Pfennig Briefmarke

Wer sich noch daran erinnern kann: 1975 zierte eine Parabolantenne die 50-Pfennig-Briefmarke der Serie „Industrie und Technik“ der Deutschen Bundespost. Sie wurde 4,54 Milliarden mal verkauft und ist damit eine der meistverkauften Briefmarken in Deutschland.

  • In 750 Metern kommen wir einer der großen Satellitenschüsseln ganz nahe. Die Größe ist beeindruckend. Der Architekt Hans Maurer hat mit der Bauabteilung der Siemens AG und den Ingenieuren von Krupp dieses eindrucksvolle Bauwerk der rationalistischen Moderne geschaffen. Die kleine Wallfahrtskirche St. Johannes der Täufer liegt vor uns. Wir kreuzen die Zufahrtsstraße zur Parabolantenne und wandern auf dem Feldweg weitere 450 Meter direkt auf sie zu.

Wallfahrtskircherl St. Johannes der Täufer

Der Legende nach soll sich der bayerische Herzog Tassilo III verirrt und danach gelobt haben am Platz der Orientierung eine Kapelle zu errichten. Die Wälder waren wild und vielleicht das Wetter mies. Auf den Wiesen und Feldern südlich von Raisting wusste Tassilo wieder wo es nach Hause geht. Da Tassilo zwischen 741 um 796 gelebt hat und die Kirche um 1428 gebaut wurde ist die Geschichte Quatsch, oder es gab bereits einen Vorgängerbau. Zufall? Der Altar wurde um 1728 geschaffen.

St. Johannes der Täufer mit Parabolantennen

Die ehemalige Wallfahrtskirche erhielt 1725 ein Langhaus und einen Turmaufsatz mit Zwiebelhaube. Die Lage ein Stückchen vor den Parabolspiegeln ist ein Top-Fotomotiv. Ein Motiv, mit dem die CSU bei der Landtagswahl 1970 auf ihren Plakaten warb. Ein Parabolspiegel neben der kleinen Kiche im abendlichen Sonnenlicht.

  • An der Kirche vorbei, wandern wir geradeaus nach Süden. 170 Meter weiter, rechts abbiegen und 115 Meter auf dem Feldweg entlang des Filzgrabens gehen. Etwas vor der Scheune (auf der anderen Grabenseite) rechts dem Wiesenweg entlang des Entwässerungsgrabens in nordöstlicher Richtung 600 Meter folgen. 

Römerstraße (über den Brenner nach Rom)

Unmerklich kreuzen wir die Römerstraße von Augsburg über den Brenner nach Rom. Google Maps (Link) Sie verläuft unter dem Feldweg, der nach 250 Metern von Norden her kommt. Ein kleines Stück gegenüber des Grabens einen Knick nach links beschreibend, führte sie kerzengerade nach Südosten. Auf Google Maps (Link) kann man der Verlauf der Straße ausgezeichnet erkennen. Die vor 1800 Jahren gebaute Straße war eine der bedeutendsten Verkehrswege über die Alpen.

  • An der Scheune links auf den geteerten Feldweg Richtung Süden abbiegen und für 1,5 Kilometer folgen. Die Wiesen rechts des Weges erinnern zunächst an eine Parklandschaft. Weite Blicke über die Felder zur Linken. Ein Schlenker im Weg über den Filzgraben zeigt an, dass bald der südlichste Punkt der Wanderung erreicht ist. An der Wegkreuzung folgen wir dem Weg, der rechts in den Wald führt.

In Zickzack durch den Wald zurückwandern

  • Die nächsten 3,3 Kilometer verlaufen zickzack in nördlicher Richtung Norden durch den Forst. Als grobe Orientierung ist immer der bessere Weg zu wählen:
    • Erst 1,1 Kilometer geradeaus nach Westen wandern.
    • Rechts abbiegen, wo ihr am Ende des Weges das Ende des Waldes seht.
    • Der Forststraße nach Norden folgen. Sie beschreibt einen kantigen Bogen nach links.
    • An der nächsten Weggabelung 1000 Meter rechts abbiegen und dem Waldweg einen Kilometer nach Norden folgen.
    • Entscheidet euch an der nächsten Abzweigung für den Weg nach rechts.
  • Ihr verlasst den Wald nach 350 Metern. Immer geradeaus und leicht absteigend macht es Freude rechts und links immer wieder locker Baumgruppen und Wäldchen zu entdecken, zwischen denen ab und an die Satellitenschüsseln oder das Radom durchblitzen. Wir haben hier jede Menge Rehe entdeckt.
  • Ab der Wegkreuzung und 1,6 Kilometern bis zum Ende wandern und links abbiegen. Ab hier der kleinen Teerstraße im Rechtsbogen für 1.000 Meter bis zum Schluss folgen. Links abgebogen laufen wir für die nächsten knapp 500 Meter auf der ehemaligen Römerstraße direkt auf Raisting zu, das zur Römerzeit „URUSA“ hieß und ein wichtiger Knotenpunkt der Straßen nach Kempten – Salzburg und Augsburg – Brenner war. An der Kreuzung rechts abbiegen und die letzten 600 Meter zum Parkplatz geradeaus direkt auf den Sendemast zulaufen.

Wanderkarte rund um Raisting

 

Author:in

Helmut Eder

Das Spannende liegt nicht immer am Ende des Regenbogens. Immer auf der Suche nach den kleinen Abenteuern und Geheimnissen, die man draussen findet wenn man unterwegs ist. Ich blogge über unsere Touren, meist im Süden von München und das, was uns so bei den Runden in den Kopf kommt.