Bei uns ist seit Pfingsten einiges durcheinander gekommen. Wenig Ausflüge, kaum Wanderungen und wenn doch, keinen Nerv, einen Blogbeitrag zu verfassen. Letztes Wochenende haben wir endlich wieder an liebgewonnene Traditionen angeknüpft und mit Freunden und Traumwetter eine Wanderung durch die bayerische Bilderbuchlandschaft unternommen.
Mit knapp 9 Kilometer und 300 Höhenmetern ist die Tour unbedingt der Kategorie Genuss zuzuordnen. Nach 1,5 Stunden hat man das Ziel, den Berggasthof Hocheck erreicht, der die schöne Lage nicht für unnötig hohe Preise ausnutzt, sondern einfach und unaufgeregt guten Schweinebraten serviert. Wir haben es bis hierher sowohl im Winter, als auch in der Vergangenheit mit dem Kinderwagen geschafft. Ohne Stau ist der Ausgangspunkt ab der Stadtgrenze München in etwa 40 moderaten Minuten zu erreichen. Die Vorfreude steigt bereits auf der Autobahn am Irschenberg, wo man unser Ziel auf dem ersten vorgelagerten Berg, etwas südöstlich, erkennen kann.
- Mehr Bergtouren von „Starter„, „einfach“ bis „mittelschwer“ findet ihr auf der Übersichtsseite Bergwanderungen Münchner Hausberge.
Losgewandert bei 83075 Bad Feilnbach,Trogen 1, Gottschalling
Von hier ist’s auch nicht mehr ganz so weit zum Ausgangspunkt bei Gottschalling/Trogen 1, 83075 Bad Feilnbach (Orientierungshilfe am Ende beachten), wo es keinen ausgewiesenen Wanderparkplatz gibt. Am Besten mit Bedacht sich dort an eine der Wieseneinfahrten stellen oder bei Zweifel einen Bewohner des nahen Bauernhofs fragen.
Die Wanderung starten wir, indem es zuerst kurz westlich geht und wir bei nächster Gelegenheit die schmale Teerstraße nach links Richtung Hang folgen. Die Steigung durch den nahen Wald ist kurzzeitig ordentlich, aber sobald wir das Licht der Rodung über uns leuchten sehen, ist auch schon das Anstrengendste geschafft. Aufgepasst, wir verlassen die kleine Strasse gleich nach dem Wald links und halten uns auf den Feldweg. Solltet ihr den Bauernhof erreichen, habt ihr die Abzweigung verpasst.
Blicke soll man genießen wie sie kommen: Fussweg nach Hocheck
Der Wirtschaftsweg läuft erst mal auf gleicher Höhe durch einen Mischwald nach Süden und dann über saftige Weiden, bis wir schon bald die nächsten Gehöfte bei Kogl erreichen. Mit traumhaftem Blick über Bad Feilnbach und das nahe Sterntaler Filz haben sie eine einzigartige Premiumlage. Wir sehen in der Ferne den Samerberg, den wir bei Gelegenheit auch noch mal besuchen wollen. Der klare und blaue Himmel hat eine wunderbare Klarheit und ich wüsste im Augenblick nicht, wo es irgendwo gerade schöner sein könnte.
Die schmale geteerte Zufahrtsstraße führt uns von hier etwa 1,3 km um den Berg herum nach Westen. Verkehr gibt’s hier nur von den wenigen Anwohnern, also praktisch kaum. Dort, wo wir am Ende im spitzen Winkel beinahe auf die Landstraße von Bad Feilnbach nach Fischbachau treffen, halten wir uns an der Abzweigung rechts. Auffi geht’s!
Die kleine Trasse führt nun in einigen Serpentinen den Berg hinauf. Selbstbewusst und von der Last der vielen Blumen schier erdrückt präsentieren sich die stolzen Höfe. Nahezu jeder Bauer bietet hier auch Ferienwohnungen, denn die Lage ist wahrlich ihr Kapital. Etwas weiter oben, bevor das Straßerl wieder zum Fußweg schrumpft, sehen wir zwei Sommerfrischler unter einem Apfelbaum bei Kaffee und Kuchen. Es ist ihr erster Ferientag, den sie offensichtlich aus vollem Herzen genießen.
Die letzte kleine Etappe ist schnell geschafft. Links über uns sehen wir länger die Sonnenschirme der Bergwirschaft Hocheck durch das Grün scheinen. Über einige Stufen und im Schatten des Waldes haben wir über Tannennadeln und Wurzeln alsbald das Ziel auf 907 Meter erreicht.
Wir rücken den Schattenspender so an den letzten freien Tisch, dass jeder die Rast genießen kann. Die Bedienung ist schnell mit den Getränken und auch das Essen kommt bald. Auch wenn der Blick etwas im Geäst der Bäume und Sträucher hängenbleibt und es kein Gipfelkreuz gibt, weiß jede Zelle im Körper, dass man es sich gut gehen lassen kann und man sich Essen oder Brotzeit durchaus verdient hat. So lassen wir es uns bei einem Russen und einem Schnitzel gut gehen. Update: Weil ich es gerade gehört habe. Mit Karte kann man hier nicht zahlen ;-).
Über die Schnitzenbaumer Kapelle zurückgewandert
Zurück halten wir uns auf der Hocheck Zufahrtsstraße. Nach etwa 500 Meter wandern wir nach Süden weiter und kommen alsbald kurz darauf an der „Schnitzenbaumer-Kapelle“ vorbei.
Schnitzenbaumer-Kapelle: Bayerische „Frömmigkeit“
Wer ahnt schon beim Anblick einer malerisch in die Landschaft gesetzten Kapelle, dass manches scheinbare Zeugnis bayerischer Frömmigkeit, einen eher schaurigen Hintergrund hat. So ist die „Schnitzenbaumer-Kapelle“ eine sogenannte Sühnekapelle, die hier zur Begleichung einer „Blutschuld“ errichtet wurde.
Ein Schild gibt Aufschluss, dass der Anlass für den Bau der Kapelle im Jahr 1607 „ein Wallfahrer gewesen sein soll, der vom Unterland kommend seinen Hunger an den Rüben des Bauern Schnitzenbaumer stillte“. Vermutlich war er auf den Weg zu Wallfahrtskapelle Birkenstein bei Fischbachau als ihn der Bauer erwischte und kurzerhand aufhängte. Als Buße musste er diese Kapelle errichten, die dem heiligen Koloman, dem Schutzpatron der Gehängten geweiht ist. Warum Gehängte allerdings noch einen Schutzpatron brauchen, darüber darf spekuliert werden.
Kurze 300 Meter weiter verlassen wir die Teerstrasse, die hier einen Linksbogen beschreibt und folgen dem ehemaligen Pilgerweg, der geradeaus dem sacht abfallenden Hang folgt und wenig später im nahen Wald einen links zur „Rastkapelle“ führt.
Ausblick von der Rastkapelle: Schöner geht’s nimmer
An exponierter Stelle mit phantastischem Blick ins Unterland wurde 1844/45 diese schöne Kapelle bestellt, die dem Pilgerpatron Franz Xaver geweiht und als Dank erbaut, „weil eine Witwe, die abends nicht mehr nach Hause fand, auf der Bank unversehrt übernachten konnte“. Quelle „Jakobsweg„. Hier legen wir eine kurze Pause ein und setzen uns auf die Bank. Das Wetter ist klar und wir können weit über das wunderbare bayerische Voralpenland sehen. In der Ferne sehen wir die Autobahn, auf der in Schneckentempo die Urlauber nach Italien zuckeln. Uns juckt das erst mal nicht.
Ein schöner und kurzer Kreuzweg führt von hier gleich links am Waldsaum zum nahegelegenen Bauernhof. Über den Zufahrtsweg des allein stehenden Gehöftes kommen wir schnell nach unten. Bei nächster Gelegenheit einfach nach rechts gehen und ebenerdig der wenig befahrenen Teerstraße über Wilharting einfach zurück bis zum Auto folgen (in Wilharting rechts halten).
Fazit: Eine schöne Wanderung, die unbedingt empfehlenswert ist. Besonders schön natürlich bei Bilderbuchwetter und hervorragend geeignet, auch Besuchern aus dem Flachland mit einer „Bergwanderung Light“ zu beeindrucken 😉