Buchcheck: German Roamers – Deutschlands neue Abenteurer / DuMont Reiseverlag

Schon wieder ein Bildband über Deutschland? Ja, aber einer, den man sich einmal näher ansehen sollte! Das Buch „German Roamers‘ Deutschlands neue Abenteuerer“ zeigt in aufregend intensiven Fotos, was unser Land zwischen den Alpen „At the very Top“, Mitteldeutschland – „Right in the Heart“ und dem hohen Norden „Up North“ an Gänsehautmomenten zu bieten hat. Die Fotografen: 14 Digital Natives, auf der Suche nach echten

Erfahrungen und dem perfekten Bild, dass sie auf Instagram posten. Laienfotografie? So kann nur gekränkter Stolz argumentieren, denn die Ergebnisse berühren und machen Lust, die Komfortzone sofort zu verlassen und selbst auf die Jagd nach dem besonderen Moment zu gehen.

Die Bildsprache der German Roamers: „Lieber Moll als Dur“

Das Buch liegt schwer und fast quadratisch in meinen Händen. Der Umschlag mit der silbernen Prägeschrift ist matt und fein strukturiert. Es ist kein Hochglanz- Bildband weder außen, noch innen, denn hier geht es nicht ums strahlen, sondern um Eindrücke. Es ist ein Buch seiner Zeit. Das Signet der German Roamers sieht aus, wie aus dem Hipster-Logo Generator, Layout und Typographie sind schnörkellos.

„Ein Bild soll eine Geschichte erzählen,
ein Gefühl von Abenteuer, Sehnsucht und Freiheit vermitteln“
 Leo Thomas / @theolator

Manche Bilder füllen Doppelseiten, manchmal dominiert das Wort, denn es ist auch ein Buch über die Fotografen und ihre Stories. Und diese Geschichten sind interessant, denn man braucht einen ausgeprägten inneren Antrieb, um im wahrsten Sinne des Wortes die „Extrameile“ zu gehen, die zu jedem einzelnen Foto führt.

Das Aufstehen mit den Vögeln, die Wanderung auf einen Berggipfel, eine Übernachtung im Zelt oder die Fahrt mit dem Kanu oder Kajak im Nebel ist Mittel zum Zweck, nämlich den Augenblick unverfälscht und intensiv auszukosten. Ich kann das nachvollziehen, denn „digitales Detoxing“ geht nur ohne die Masse und am Besten, wenn die Wetterprognose auf Regen steht.

Das Echte und das Digitale

Machen wir uns nichts vor, jedem einzelnen Bild wurde in Photoshop der passende Look verpasst. Während in anderen Bildbänden die Sättigung der Farben hochgedreht wird, dominieren in diesem Buch die gedämpften Töne mit einer leicht grünen- oder blauen Note. Die Stimmung wird dadurch dramatischer, ohne sich dabei in den Vordergrund zu drängen. Eindruck durch Reduktion. Ich liebe diesen Stil, denn auch ich gestehe, dass keines meiner Bilder im Blog unbearbeitet ist. Solange die Substanz des Bildes wahrhaftig ist und bestenfalls eine Geschichte erzählt, bin ich damit fine. Ok, nicht immer gelingt im Buch der Spagat zwischen Inszenierung und goldenem Schuss und Bildbearbeitung perfekt, doch das Buch als Gesamtkunstwerk funktioniert.

Fazit

„German Roamers, die neuen Abenteuer“ ist kein Buch der Extreme. Keine atemberaubenden Kletterfotos oder lebensgefährliche Gratwanderungen machen seinen Reiz aus, sondern Touren und Erlebnisse, die jedem offen stehen, sofern man seinen Hintern nicht erst zu Mittag aus dem Bett schwingt. Es zeigt auch, wie ursprünglich Deutschland sein kann – und das mit ausdrucksstarken Bildern.

Meine Lieblingsfotos

  • „Schottisches Hochlandrind“ – Naturpark Rodenbach im Rodebachtal von Remo Jacobs (Seite 86)
  • „Hängeseilbrücke Geierlay“ – Hunsrück von Johannes Höhn (Seite 93)
  • „Morgenstunde am kleinen Winterberg“ – Maximilian Fischer (Seiten 160-161)
  • „Seealpsee“- Allgäuer Alpen von Hannes Becker (Seite 172-173)
  • „Eissee“ – Allgäuer Alpen von Johannes Höhn (Seite 175)
  • „Watzmann-Überschreitung“ –  von Roman Königsdorfer (Seiten 168-169)

Schade: Manche wunderbaren Bilder haben nicht den Platz bekommen, den sie verdient hätten. Zu klein bleiben sie hinter ihrer Strahlkraft zurück. Siehe die Hängeseilbrücke.

Ja ich habe Lust bekommen, mir ein Zelt in den Baum zu hängen, in einer Hängematte über dem Bergbach zu liegen und oben auf der Alm zu übernachten. Ja, ich freue mich auf unseren nächsten Ausflug, wenn der Dunst im Tal hängt und die Regenwolken drohend am Himmel stehen. Ein schönes Buch, was ich bestimmt häufiger zur Hand nehmen werden. Daumen rauf!

Das Buch wurde mir auf Anfrage beim Verlag zur Rezension kostenlos zur Verfügung gestellt.

ISBN: 9783770188840
Maße: (B*L) 248 mm x 288 mm
Verlag: DuMont Reise
Autor(en): German Roamers
Format: Hardvover
Erschienen am 06.11.2017
Reihe DuMont Bildband
Preis: 34 €

1 Gedanke zu „Deutschland mit anderen Augen sehen: Wie die German Roamers ihr Draussen definieren“

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Author:in

Helmut Eder

Das Spannende liegt nicht immer am Ende des Regenbogens. Immer auf der Suche nach den kleinen Abenteuern und Geheimnissen, die man draussen findet wenn man unterwegs ist. Ich blogge über unsere Touren, meist im Süden von München und das, was uns so bei den Runden in den Kopf kommt.