Spaziergang durch den nördlichen Englischen Garten: Von der Hirschau zum Aumeister

Spaziergang 4 oder 8 KilometerKarte

Wisst ihr, was der Unterschied zwischen dem Theodors Park und dem Englischen Garten ist? Nix! Wir sprechen vom gleichen Grün, nur, dass sich der erste Name nicht durchsetzen konnte. Diesem Carl Theodor haben wir unsere Oase zu verdanken, da er 1789 den Englischen Garten als Militärgarten anlegen ließ, um die Soldaten in Friedenszeiten zu beschäftigen. Heute ist dieser ehemalige „Schrebergarten“ – wie man als Münchner weiß – einer der größten innerstädtischen Parkanlagen der Welt. Von der Prinzregentenstraße bis hinauf zum Föhringer Ring ist er für viele Münchner der beste Grund die Landeshauptstadt nicht ins Umland für einen Spaziergang zu verlassen. Der nördliche Teil ab dem Isarring ist dabei viel stiller als der südliche Abschnitt und vorwiegend den Münchnern selbst vorbehalten. Dennoch ist es immer wieder erstaunlich, wie wenig der Nordteil im „Relevant-Set“ der Stadterer ist. Daher meine Lanze, die ich hier brechen möchte.

Das erwartet euch im nördlichen Englischen Garten

  • Stille Bachläufe mit kleinen Pfaden am Ufersaum, die in versteckte Weiher fließen
  • Der englische Garten stößt an die Isar, unseren Lieblingsfluss
  • Perfekte Biergarten-Infrastruktur mit der Hirschau, Aumeister und Emmeramsmühle
  • Weil innerstädtisch perfekt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.
  • Groß und weitflächig, aber auch wilder, um sich ordentlich lang die Beine vertreten zu können
    Zu jeder Jahreszeit ist der Englischer Garten einen Besuch wert!

Losspaziert am Biergarten Hirschau/Gyßlingstraße

Eigentlich ist es völlig egal, wo ihr euren Spaziergang beginnt, da jeder dort startet, wo es am günstigsten ist, weil die U-Bahn nah oder ein Parkplatz verfügbar ist. Besonders letzterer kann an schönen Biergartentagen eine echte Herausforderung ein. First come, first serve! Weil im Englischen Garten alle Wege irgendwie zum Ziel führen und in der gesamten Parkanlage viele Übersichtstafeln stehen, werde ich mit dieser Tourenbeschreibung nicht ganz so ausführlich sein. Dieser Beitrag versteht sich mehr als Inspiration für jeden, der den Englischen Garten mal wieder für sich entdecken will. Außerdem wählt man am Ende seine Route so, wie sie einem am besten gefällt.

Am Biergarten vorbei in den nördlichen Englischen Garten gewandert

Wir wollen dennoch unsere Runde am Biergarten Hirschau beginnen. Parkplätze gibt es hier, wenn in der Gyßlingstraße oder kostenpflichtig südlich des Rings beim nahen Seehaus. Die nächste Bushaltestalle ist die der Linie 59 Osterwalstraße, als U-Bahnhaltestelle bietet sich Dietlindenstraße oder Münchner Freiheit (ca. 20 Minuten) an.

Die Hirschau ist eure Versuchung gleich zum Start. Im Winter kein Problem, an warmen Tagen kann der Duft von Steckerlfisch eine Prüfung sein. Durch den Parkplatz am Lokal und Biergarten vorbei gehen wir zuerst 200 Meter nach Westen zum nahen Brückerl über den „Oberjägermeisterbach“.

Hirschau und Biergarten

Nach dem herzoglichen Hirschanger benannt, verdankt die gastronomische Hirschau ihre Existenz nicht etwa der schönen Umgebung, sondern einer Maschinenfabrik, in denen die ersten Dampflokomotiven in Bayern gebaut wurden. Erst war die Hirschau ein Ausschank für die Fabrikarbeiter später gesellten sich Ausflügler aus der Stadt unter die Gäste.

Kaum zu glauben, dass östlich der Gyßlingstraße ab 1838 ein großes industrielles Areal bestand, von dem nur das nahe Wasserkraftwerk übriggeblieben ist. Nach dem Konkurs 1931 wurden die Werksanlagen 1935 abgerissen.

Die Hirschau ist nur 350 Meter Luftlinie vom schicken Seehaus am Kleinhesseloher See entfernt. Trotzdem trennt die zwei Biergärten mehr als man glaubt, denn hier geht es wesentlich bodenständiger zu, was man auch am Publikum erkennt. Das liegt nicht nur am großen Spielplatz, der viele Familien anlockt, sondern auch die Bühne, auf der es regelmäßig Live-Musik zu erleben gibt.

Geradeaus in Biergarten, rechts in den Restaurant-Bereich

Die Preise sind entsprechend der Lage etwas höher. Das Gastronomische Angebot gibt sich keine Blöße. Ein Obazda hat im Sommer 2017 6,90 €, ein halbes Hendl 8,90 gekostet. Ausgeschänkt wird Löwenbräu-Bier.

Gaststätte Hirschau
Gyßlingstraße 15, 80805 München
www.hirschau-muenchen.de

Entlang des Oberjägermeisterbachs zum Mini-Hofbräuhaus

Ihr könnt vor der Brücke rechts auf der kleinen Teerstraße gehen (kein Autoverkehr), oder über die Brücke links vom Oberjägermeisterbach. Mit Hund sind wir links vom Bach am Wiesenweg gegangen, da dort weniger Radfahrer sind und ich Pelle laufen lassen kann. Bei Regen braucht es für diesen Weg allerdings etwas besseres Schuhwerk.

Es sind etwa 700 Meter, bis sich ein weiterer Abstecher zum Mini-Hofbräuhaus anbietet. Achtet auf die Schilder. Auch könnt ihr den Abzweiger gut erkennen, da der Ernst-Penzoldt-Weg kerzengerade von West nach Ost verläuft. Hier verlief einst das drei Kilometer lange Anschlußgleis zur Lokomotivfabrik J. A. Maffei. An eben dieser ehemaligen Trasse liegt das Mini-Hofbräuhaus, zu dem ihr je nach beschrittenem Weg etwas nach rechts Richtung Osten gehen müsst.

Englischer Garten im Herbst/Winter

Mini Hofbräuhaus

Es ist eine kleine Institution, das Mini-Hofbräuhaus. Am kreisrunden Pavillion kann man auch im Winter im beheizten Zelt bayerische Brotzeit und Schmankerl genießen. Im Sommer sitzt man natürlich draussen. Ehrlich und bodenständig geht es hier zu und so sind die Speisen. Zum Beispiel Schinkennudeln oder Schweinebraten zu mehr als fairen Preisen.

Das Mini Hofbräuhaus ist auch Anlaufpunkt für viele Gäste mit Hunden, die hier angeleint willkommen sind. Ich habe noch kein Lokal erlebt, wo so viele Zamperl in friedlicher Koexistenz mit den Gästen saßen. (Ausnahmen bestätigen die Regel). Eine kurze Rast im kleinen Biergarten ist hier fast Pflicht. Man bestellt und bezahlt an der Theke. Die Speisen werden gebracht.
Zur Website Mini-Hofbräuhaus

Weiter im Englischen Garten Richtung Aumeister

Ich bevorzuge ab hier den ungeteerten Weg, der hier über die Brücke geht, um weiter links des Baches nach Norden zu gehen. Immer wieder Wiesen, auf denen fröhlich Hunde balgen. Ist das Wetter mal nicht so gut, sind hier die Hundebesitzer eindeutig in der Mehrheit. Wo es geht, weiche ich auf Wiesenpfade aus, um näher am Wasser zu sein. Der Weg mag länger sein, ist aber abwechslungsreicher. Da hier Biber leben, sind die Bäume in Ufernähe mit Draht geschützt. Auch wenn die Parkverwaltung die Nager hier nicht so gerne sieht, würde ich gerne mal einen in freier Natur erleben, doch die Tiere sind scheu!

Für Wanderer der kleinen Runde heißt es ab hier zurück

Nach ca. 800 an der nächsten Brücke kann der Bogen zurückgeschlagen werden. Wir sind etwa auf Höhe des Amphitheater, der Freilichtbühne, auf der im Sommer kostenlose Theater- und Musikaufführungen stattfinden. Euer Weg führt südöstlich zur Wehranlage Oberföhring und von dort an der Isar zurück.

Münchner Sommertheater im

AmphietheaterSchnell geht man an der Wegabzweigung vorbei, die uns auf die kleine Lichtung mit den unscheinbaren steinernen Stufen führt. Im Halbkreis sitzt hier bei hoffentlich lauen Sommerabenden Mensch an Mensch, um sich unterhalten zu lassen. Das Münchner Sommertheater bietet 2018 im Juli jeweils am Donnerstag, Freitag, Samstag ab 21:00 Uhr und im September die letzen zwei Wochen ab 19:30 Uhr das Stück TARTUFFE. an.

Das Münchner Sommertheater sind junge Schauspieler und Musiker um Ulrike Dissmann, die hier mit einfachsten Möglichkeiten anspruchsvolle Unterhaltung darbieten. Der Besuch der Vorstellung ist kostenlos. Spielplan Münchner Sommertheater

Tipp: Früh kommen und sich einen guten Platz sichern. Taschenlampe für den Rückweg und eine gute Unterlage nicht vergessen, da es am Abend hier etwas feuchteln kann.

Ein besonders schöner Abschnitt führt rechterhand des Baches nach Nordern. Das Wasser teilt sich hier mehrfach, findet sich wieder und fließt nach 500 Meter in den Schwammerlteich. Hier überqueren wir wieder die Brücke, um auf das westliche Ufer zu kommen. Der Weg führt am Seeufer entlang und dahinter in einen kleinen und fast wilden Stadtwald. Wenn man auf dem Weg rechts der Teerstraße bleibt, kommt man 800 Meter weiter zum Libellenteich, der hier im Englischen Garten mein Lieblingswasser ist. Traumhaft, still liegt er eingebettet zwischen hohen Bäumen und ist ein tolles Fotomotiv. Wir werden ihn beim Rückweg noch einmal sehen. Den Biergarten Aumeister erreichen wir nach weiteren 500 Metern links über das Teerstraßerl.

Aumeister Biergarten

Der Aumeister war einst das Haus des Wald- und Aumeisters, der sich in den Isarauen um das Wild zu kümmern hatte und bei Hofjagten die Teilnehmer bewirtete. Die Möglichkeit auf eine Brotzeit lockte bereits früh die Besucher aus Schwabing an. Auch Thomas Mann ließ 1911 in seinem Buch „Tod in Venedig“ seinen Helden Gustav von Aschenbach durch den Englischen Garten hierher spazieren.

Der Biergarten mit seinen 3000 Plätzen ist auch heute ein beliebtes Ziel vieler Münchner mit und ohne Fahrrad, für die der Aumeister das Ende ihres ausgedehnten Besuches im Englischen Garten ist. Touristen verirren sich nicht mehr sehr viele hierher. Platzprobleme sind eher selten. Alles geht hier ein Stückerl geruhsamer zu.

Ausgeschänkt wird übrigens Hofbräu-Bier, was man schon mal trinken kann. Mit 8.30 € gehört die Maß allerdings zu den eher teuren der Stadt (was du halt zahlst, wenn du einen Mordsdurst hast). 3,90 € für weiße Limo ist auch gehoben. 8.30 € fürs halbe Hendl und 6,80 € ist dagegen wieder etwas günstiger als in der Hirschau. Wer schlau ist, bringt seine Brotzeit eh selbst mit.

Biergarten Aumeister

Sondermeierstraße 1, 80939 München
Webseite Aumeister

Start für die Spaziergänger ab Aumeister

Wir verlassen den Biergarten über den Zugang am Parkplatz, südlich des Föhringer Rings. Über das kleine Wehr und entlang des Baches nähern wir uns von Norden wieder dem Libellenteich. Der Weg vorbei führt geradewegs nach Osten (nicht rechts abbiegen). 300 Meter weiter stößt man auf die Zufahrt zur Kleingartenanlage Schledererheim. Wir folgen dem Weg rechts, der uns an der Laubenkolonie vorbeiführt, die sich seit fast 100 Jahren ganz auf die Bienenzucht ausgerichtet haben. Bunt und fröhlich stehen die kleinen Hütten hinter dem Zaun. Die Bienen fühlen sich hier bestimmt wohl!

Über die Emmeramsbrücke und den Mittleren Isarkanal

Die Emmeramsbrücke über die Isar erreicht man 70 Meter nach der nächsten Abzweigung links. Die überdachte Fachwerksbrücke soll in etwa an der möglichen Stelle der alten Salzbrücke stehen, die Herzog Heinrich der Löwe 1158 zerstören ließ. Ein Blick die Isar flussaufwärts nach Süden lässt das Oberföhringer Wehr erkennen. Etwas später werden wir darüber die Isar zurück überqueren. Jetzt befinden wir uns erst einmal auf der „Isar-Insel“. Nicht wirklich eine Insel, ist es vielmehr eine lange Nase, die bis zum Pöschinger Weiher bei Unterföhring reicht. Der „Mittlere Isarkanal“ verabschiedet sich hier, fließt in den Ismaninger Speichersee, weiter durchs Erdinger Moos, erzeugt unterwegs Elektrizität und vereinigt sich östlich von Moosburg wieder mit dem natürlichen Flusslauf der Isar.

Der Biergarten St. Emmeramsmühle ist nahe, nur noch den Weg linkerhand des kleinen Weihers zur Kanalbrücke gehen. Gleich auf der anderen Seite finden wir die Einkehr!

Hinweis für Trambahnfahrer bis St. Emmeram

Westlich der Trambahnschleife einfach der Straße 250 Meter den Isarhang hinunter zum Biergarten St. Emmeramsmühle folgen.

St. Emmeramsmühle Biergarten

Die Geschichte des Biergarten reicht ins Jahr 1873 zurück, als der Müller Franz Sterzer hier als Nebenverdienst eine Bierwirtschaft eingerichtet hat. 1903 ganz zur Wirtschaft umgebaut wurde der Biergarten ein beliebtes Ausflugslokal der Münchner und der Künstlerszene des nahen Schwabings.

Mit 600 Sitzplätzen ist die St. Emmeramsmühle um einiges kleiner als der Aumeister. Das Angebot und die Preise kann man als „gehoben“ bezeichnen, was man sich offenbar erlauben kann, da die Lage hier wirklich toll ist. Ein kleinerer Bereich hinter der Gaststätte erlaubt das Mitbringen der eigenen Brotzeit. Das Bier muss bei der Bedienung bestellt werden. Parkplätze sind hier übrigens Mangelware, weswegen es nach alter bayerischer Tradition einen Parkservice gibt.

St. Emmeramsmühle

St. Emmeram 41, 81925 München
Telefon: 089 953971
Webseite Emmeramsmühle

Das historische St. Emmeram

Der heilige St. Emmeram war im 7. Jahrhundert ein Wandermönch. Um die Tochter und ihren Liebhaber, den Herzog Theodo I. von Regensburg, zu schützen, übernahm er die Verantwortung der Vaterschaft ihres unehelichen Kindes. Bei seiner „Sühnereise nach Rom“, die seinem Schutz dienen sollte, wurde er bei Kleinhelfendorf vom Sohn des Herzogs abgefangen und übelst an der Leiter gefoltert. Er starb bei seiner Rückführung nach Regensburg in Feldkirchen und wurde in Aschheim vorübergehend begraben.

Herzog Theodo I. ließ den Leichnam nach Regensburg zurückführen, sowie sich die Wahrheit geklärt hatte. An jener Stelle, wo Emmeram an der Isar eingeschifft wurde, errichtete man zu seinem Gedenken eine Kapelle, die sich zum Wallfahrtsziel entwickelte. Nach dem Dreißigjährigen Krieg entstand hier eine Klause, die als erste Lehrerbildungsstätte gilt. Im Rahmen der Säkularisation wurde sie abgerissen.

Am Isarkanal oder der Naturisar zum Oberföhringer Stauwehr zurück

Vom Biergarten gehen wir wieder zurück zum Mittleren Isarkanal. Am östlichen Ufer und der Sonnenseite folgen wir dem Wasser 450 Meter flussaufwärts bis zur nächsten Brücke. Im Sommer springen hier Jugendliche gerne ins kühle Nass (eigentlich verboten).

Entscheidet, ob ihr lieber am Kanal bis zum Oberföhringer Isarwehr gehen wollt oder an der Isar. Ich finde es an der alten Isar schöner, da man auch dort das Licht der Nachmittagssonne genießen kann. Kanalgänger folgen dem rechten Ufer bis zum Wehr, Altisarwanderer gehen auf dem Weg 150 Meter weiter nordwestlich. Wenn ihr die Isar erreicht, einfach dem Fluss nach Süden folgen.

Schön im Nachmittagslicht: die Isar am nördlichen Englischen Garten

Vom Stauwehr Oberföhring zurück zur Hirschau spaziert

Wir überqueren am Stauwehr Oberföhring die Isar. Das eindrucksvolle Gebäude dient dazu, die Isar sechs Meter aufzustauen und in den Mittleren Isarkanal abzuleiten.

Über das Stauwehr gelangen wir wieder zum Englischen Garten

Gleich auf der anderen Seite folgen wir etwa 800 Meter dem Uferweg. Spätestens vor Einlauf des Eisbachs in die Isar biegen wir rechts auf den Maffei-Weg (wir erinnern uns, hier war einst die Eisenfabrik von Maffei) der nach Osten auf die 250 Meter entfernte Gyßlingstraße führt, wo vielleicht euer Auto seht.

Spätestens jetzt ist eine gute Gelegenheit, um euch im Biergarten Hirschau zu belohnen! 😉

 

Übersichtskarte des nördlichen Englischen Garten

2 Gedanken zu „Entdeckung nicht nur für Zuagroaste: Wilder Englischer Garten“

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Author:in

Helmut Eder

Das Spannende liegt nicht immer am Ende des Regenbogens. Immer auf der Suche nach den kleinen Abenteuern und Geheimnissen, die man draussen findet wenn man unterwegs ist. Ich blogge über unsere Touren, meist im Süden von München und das, was uns so bei den Runden in den Kopf kommt.