Ausflug: Rundwanderung zur Moorstation Nicklheimer Filze
Unweit der nahen bayerischen Voralpen, zwischen Bad Feilnbach und Raubling breitet sich eine große Moorlandschaft aus, die bis 2006 im großen Stil für den Torfabbau genutzt wurde. Aufwändig renaturiert, ist von der ehemaligen Brache nicht mehr viel zu entdecken, außer den Gleisen der „Bockerlbahn“, die einst für den Abtransport der Torfsoden verwendet wurde. Unser Ziel ist die Moorstation Nicklheim, die in einem kurzen Spaziergang erreicht werden kann.
Das erwartet dich bei der Moorerlebnisstaion Nicklheim
- Jede Menge großartige Natur. In ganz Europa gibt es keine größere Moor-Renaturierung als hier.
- Viele großartige Fotomotive erwarten euch unterwegs, daher die Kamera nicht vergessen! Zur Not reicht aber auch ein Handy.
- Ihr wandert auf barrierefreien Forst-, Bohlen und Wiesenwegen. Die Runde ist sehr einfach und fast von jedem zu schaffen. Durch Nicklheim gehts dann auf der Teerstraße.
- Auch wenn das grüne Klassenzimmer der Moorstation Nicklheim für Schulen konzipiert wurde, sind die umweltpädagogischen Stationen für alle interessant, die sich für die Natur des Moores interessieren. Vom Aussichtsturm lässt sich nicht nur ein weiter Blick über das Filz werfen und ein guter Eindruck über die Landschaft gewinnen, sondern auch Vögel beobachten.
- Im Schautorfstich kann man einen Eindruck gewinnen, wie früher von Hand die kastenförmigen Soden gestochen wurden.
- Der Torfkulturverein „d’Fuizler“ pflegt die Tradition des Torfabbaus und das Streckennetz der „Bockerlbahn„, eine Feldbahn, die im Torfabbau verwendet wurde. Nach Instandsetzung der Gleise, darf man sich hoffentlich bald mal wieder aufs Fahren damit freuen.
- Unterwegs keine Einkehrmöglichkeit. Brotzeit mitnehmen oder davor bzw. danach im nahen Raubling einkehren.
- Darfs mehr Filz sein? Die Sterntaler Filze sind gleich um die Ecke und ebenfalls recht sehenswert. Es gibt viel zu erleben, z.B. den Elfenspielplatz.
- Übersicht Moorwanderungen rund um München
Anfahrt nach Nicklheim mit dem Auto oder öffentlichen Verkehsmitteln
Die Anfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmittel nach Nicklheim ist durchaus machbar, aber von München mit Zeitaufwand verbunden. Deutlich unkomplizierter ist es hierher natürlich mit dem Auto.
Anfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmittel: Mit der BOB oder dem Railjet vom Hauptbahnhof bis Raubling, in 1,45 H. Von Raubling nach Nicklheim fahren nur unregelmäßig Busse. Warum die 4 KM nicht einfach zu Fuß gehen?
Anfahrt mit dem Auto: Die Fahrzeit für die 61 Kilometer auf der Autobahn A8 ab Rammersdorf beträgt etwa 40 Minuten. Von der Ausfahrt Bad Aibling Richtung Bad Feilnbach fahren, am Kreisverkehr links nach Westerndorf abbiegen. Im Ort der Filzenstraße nach Süden über die Autobahn bis Nicklheim fahren. Wir haben am „Bahnhof“ der Moorbahn in der Panger Straße ~20 nahe dem Torfwerk geparkt.(Google Link).
Der zweite Wanderparkplatz befindet sich an der Ecke Panger/Hauptstraße (Google Link) Er bietet sich an, wenn wenn ihr mit dem Rollstuhl oder dem Kinderwagen zur Moorstation fahren wollt. Von hier die Tour in verkürzter Richtung in anderer Richtung gehen.
Losgewandert zur Moorerlebnisstation Nicklheim
- Wir parken unweit der alten Moorbahngleise am ehemaligen Torfwerk. Die Wegbeschreibung ist denkbar einfach, denn wir folgen einfach den Gleisen der Bockerlbahn, die von Sommer 2017 bis Anfang 2020 vom Verein der Nicklheimer Torfkultur D’Fuizler erneuert wurden. 1,4 Kilometer sind es geworden, die bis zur Mittagshütte der Fuizler unweit der der Moorerlebnisstation Nicklheim führen.
- Zuerst führen Weg und Gleise 500 Meter nach Westen, Richtung der Filze. Ca. 200 Meter nach dem Linksbogen nach Süden entdecken wir rechts des Weges einen kleinen Aussichtshügel von den man einen klasse Blick über das renaturierte Kollerfilz hat.
Das neu entstandene Vogelparadies wird, um Brut und Rast zu schützen, nicht von Wanderwegen durchschnitten.
Torfabbau in Nicklheim
Mit der Industrialisierung stieg Mitte des 19. Jahrhunderts Energiebedarf massiv an, da Stein-Kohle noch nicht ausreichend verfügbar und Holzkohle durch großflächige Abholzungen knapp. Torf ist eine unvollständig zersetzte pflanzliche Substanz, die im getrocknetem Zustand brennbar ist. Torfkohle wurde als preiswertes Brennmaterial geschätzt, so dass in ganz Bayern Torfstechereien aus dem Boden schossen. Die Eröffnung der Eisenbahnlinie um 1858 Rosenheim nach Kufstein machte die Erschließung des Kollerfilzs möglich und Raubling gegen 1880 zum größten Torfverladeplatz Bayerns. Aus den ehemaligen Arbeiterunterkünften, Kantinen und der Betriebsverwaltung am Rande des Moores entstand Nicklheim. Der ungewöhnliche Name stammt übrigens von der Familie Nickl, welche sich die Rechte 1899 für den Torfabbau gesichert hatten. Nach dem ersten Weltkrieg nahm die Bedeutung von Torf als Energiequelle kontinuierlich ab, da immer mehr industrielle Abnehmer auf Steinkohle und Strom umstellten. Nach dem zweite Weltkrieg war Torf dann auch als Heizmaterial in privaten Öfen passé.
Das Ende des Torfabbaus und die Renaturierung
Ab 1969 verlagerte sich die Produktion auf den Abbau von Blumenerden und Pflanzsubstraten, für deren Gewinnung hier bis zu 120.000 Kubikmeter Torf abgetragen wurden. Um auf den Abbauflächen Maschinen einsetzen zu können, wurden das Nicklheimer Filz als Naturflächen im großem Rahmen verwüstet. Da Moore zudem nur 1 mm pro Jahr wachsen und als Naturraum für Pflanze und Tier sehr wertvoll, wurde zum Schutze der Natur die Genehmigung zum Torfabbau nicht mehr verlängert. Nach 150 Jahren war 2006 Schluss damit. Die Renaturierung des Moores erfolgte von 2005 bis 2010. Entwässerungsgräben wurden geschlossen, um das Regenwasser im Moor zu halten.
Internationale Workcamps in Nicklheim
- Wo nach 150 Meter die Moorbahn diesmal eine Rechtskurve beschreibt, finden wir eine Infoinstallation über das Moor als Lebensraum für Libellen. Verewigt sind die Namen von 16 Studenten am „Filz`n-Workcamp“ aus aller Welt, die hier 2018 gegen Cost & Logis Waldpflege- und Instandsetzungsarbeiten durchgeführt haben. Jugendliche, die übrigens Lust haben sich selbst zu engagieren – hier oder im Ausland – können sich auf auf der WorkCamp-Website informieren.
- Die Moorstation Nicklheim ist nur noch einen Katzensprung von 300 Metern entfernt. Wir erreichen sie entlang ehemaliger Entwässerungsgräben und über einen Bohlenweg, der über das Botanische Lehrgelände führt. Gleich hinter der Torfarbeiterhütte endet die Feldbahn. An der exponiertesten Stelle, die wie ein Finger in das Filz ragt, steht der Aussichtsturm mit dem besten Blick über Filz und die bayerischen Voralpen.
- Den Schau-Torfstich findet ihr links des Weges, ein Stück südlich der Moorstation.
(Hand-)Torfstich im Nicklheimer Filz
Noch bevor der Torfabbau im großen Stil organisiert wurde, stachen die Bauern den Torf, um ihre Öfen damit zu beheizen. Der Handtorfstich im Nicklheimer Filz ist der letzte Ort, wo nach historischem Recht, jedes Jahr im Frühjahr für den privaten Gebrauch eine kleine Menge abgebaut werden werden darf.
Bevor aber der Torf gestochen werden kann, muss das Moor durch ein Grabensystem entwässert werden. Der Torfbauer entfernt hierfür die Moosnarbe, um mit Torfmesser und Grabscheite den darunter liegenden Brauntorf zu stechen. Je älter und tiefer der Torf liegt, desto höher der Brennwert. Die gestochenen Soden werden auf den Torfkarren verladen und zum Trockenplatz gezogen und dort bis zum Spätherbst zum Trocknen gestapelt. Danach wandert er in die Öfen.
Über den „Blaukehlchenweg“ im Bogen zurückgewandert
- Den geschotterten Weg vor dem Handtorfstich wandern wir zunächst noch ein Stück nach Süden. Dort wo der Weg eine Kurve nach links (Osten) beschreibt, habt ihr das letzte Mal die Möglichkeit, einen kurzen Abstecher zu einem Aussichtspunkt über das Filz zu machen.
- Nach 800 Meter habt ihr den südlichen Parkplatz erreicht. Zurück zum Auto am Torfwerk kommt ihr über den Fußweg, der 200 Meter links der Straße durch den Wald führt. 620 Meter müsst ihr auf der Teerstraße gehen, die aber nicht intensiv befahren ist.