Ohne lang herumzureden: Die Kendlmühlfilzen südlich des Chiemsees zwischen Grassau, Bernau und Übersee sind für jeden Natur- und Moor-Fan ein Highlight. Über viele Kilometer kann das Habitat auf ausgezeichneten Wegen durchwandert werden. Die Tour bezaubert nicht nur durch großartige Natur, sondern auch ihre Luftigkeit, die vor dem tollen Panorama der nahen Berge nachhaltige Eindrücke hinterlässt. Zumindest bei uns. Die Kendlmühlfilzen haben wir ab dem historischen Torfbahnhof teils durch- und umwandert.
Das erwartet euch in den Kendlmühlfilzen
- Die Wege sind hervorragend angelegt. In kürzeren Abschnitten teilt man sich die Wege mit Radfahrern. Die Strecke im Moor ist den Wanderern vorbehalten. Ihr spaziert auf bekiesten, bemulchten oder Naturwegen. Ein Teil der Strecke führt auf etwa einem Kilometer über die geteerte Zufahrtsstraße zum Torfbahnhof. Auf Sonnenschutz ist zu achten.
- Das Museum Torfbahnhof hat normalerweise von 1. Mai bis 31. Oktober geöffnet. Interessante Informationen zum Kendlmühlfilzen gibt’s auf dem Moorerlebnisweg, den ihr im südlichen Filz streift. Einen tollen Blick über das Hochmoor könnt ihr vom Aussichtsturm werfen.
- Auch wenn es dem Hund nicht gefällt: Wir sind im Naturschutzgebiet und führen ihn deswegen an der Leine.
- Einkehrmöglichkeit: Im Museum Salz & Moor gibt es am Moorerlebnisweg ein kleines Café, wenn Corona den Abstecher nicht verbietet. Ansonsten solltet ihr eine Brotzeit im Rucksack haben und euch ein schönes Platzerl suchen. Schöne Picknickplatzerl am Weg findet ihr in dieser Liste.
- Übersicht weiterer Wanderungen durch Moore bei München/Oberbayern
So kommt ihr zu den Kendlmühlfilzen
- Anfahrt mit dem Auto: Über die Autobahn A8 nach Salzburg braucht es ab Ramersdorf bei flüssigem Verkehr für die 85 Kilometer etwa eine Stunde. Die Autobahn bei Bernau am Chiemsee verlassen und der B305 Richtung Marquartstein folgen. In Rottau nach der Tourismusinformation links auf der Hauptstraße bis zur Dorfstraße fahren. Am Ende rechts abbiegen und bei nächster Gelegenheit der Hackenstraße links etwa 2,5 Kilometer bis zum Torfmuseum nach Norden folgen.
- Anfahrt mit der Bahn: Vom Bahnhof Prien mit der Buslinie 9505 in Richtung Reit im Winkl bis zur Haltestelle „Klaushäusl Museum Salz & Moor“. Die Tour startet am Moorerlebnispfad.
Vom Museum Torfbahnhof dem Moor entlang nach Osten wandern
- Noch beim Parkplatz werfen wir einen Blick auf die Infotafel und checken auf der Karte der Kendlmühlfilzen die Wandertour ab. Der Weg ist nicht zu verfehlen. Vorbei am ehemaligen Torfbahnhof wandern wir zunächst unbeschattet entlang der Eisenbahnlinie nach Osten. Wir genießen den Blick in die Berge und zur markanten Kampenwand. Nur einmal fährt ein Zug an uns vorbei, dafür immer wieder Radfahrer, die in kleinen nervigen Horden auftreten. Den Hund haben wir bereits an der Leine. Nach 1,4 Kilometer trennen sich unsere Wege. Wir wandern weiter 800 Meter geradeaus, die Radler biegen links ab. Beschaulich und ruhig ist es. Wenn der Weg in den Filzenwald eintaucht, ist es nicht mehr weit. Ein Schild weist uns nach 250 Metern auf einem spannenden Fußpfad nach Süden.
Kendlmühlfilzen
Der Chiemsee entstand vor ca. 10.000 Jahren aus den Ausschürfungen eines Gletschers, die sich beim Abschmelzen des Gletschers mit Wasser füllten. Ursprünglich dreimal so groß wie der heutige See, haben sich die Kendlmühlfilzen aus dem verlandeten Chiemsees entwickelt. Seit dieser Zeit ist die Torfschicht auf eine Dicke von bis zu acht Metern angewachsen, das im trockenen Zustand einen Heizwert wie Braunkohle hat. Als günstiger Energielieferant wurde er ab dem 18 Jahrhundert im Bayern abgebaut. Heute weiß man es besser. Hochmoore binden CO2 und sind daher gut für den Klimaschutz. Infos zum Chiemseemoor.
Seit 1992 sind die 8 ha großen Kendlmühlfilzen als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Die Flächen wurden soweit möglich renaturiert. Der ungewöhnliche Name des Moores stammt von der Kendlmühle im Osten, nahe dem Golfplatz.
Museum Torfbahnhof
1920 wurde der Bahnhof als „Privatladestelle“ errichtet, um Torf als Brennstoff auf die Bayerische Staatsbahn zu verladen. Von 1940 bis 1972 übernahm die Gefangenenanstalt Bernau den Betrieb. Danach wurde bis 1988 von Samen Maier Torfgartenerde abgebaut. Zum Glück hat man aus Naturschutzgründen 1988 die Zerstörung gestoppt. Mit Aufnahme des Ensembles Torfbahnhof in die Landesdenkmalliste konnte der Abbruch verhindert werden.
- Kombikarte Museum und Feldbahnfahrt: Erwachsene 8 €, Kinder, Kinder 6-14 Jahre 6 €, Museum und Feldbahnfahrt können auch separat gekauft werden
- Samstag und Sonntag: vom 1. Mai bis 31.Oktober/Mittwoch (zusätzlich): vom 30. Juni bis 29. September
- Aktuelle Informationen zur Öffnung und Sonderausstelllungen auf der Website Torfbahnhof
Nach Süden ins Herz des Moores wandern
- Der Fußpfad schlängelt sich zunächst 500 Meter durch Latschen und einem halbschattigen Kiefern- und Birkenwald nach Süden. Es riecht warm nach Erde und Rinde. Wir fühlen uns an Schweden erinnert. Wo der Pfad endet, rechts Richtung Westen abbiegen. Den Aussichtsturm erreichen wir 700 Meter, nach dem 90° Knick im Wegverlauf nach Süden. Wir queren ehemalige Entwässerungskanäle auf Stegen. Dass hier einst großflächig Torf abgebaut wurde, merkt der Laie an den alten Gleisen, die auf oder neben dem Wanderweg verlaufen und von der Trasse rechts und links in die Torfstiche führten.
Eisenbahn im Kendlmühlfilzen
Seit 1920 wurden in den Kendlmühlfilzen insgesamt 30 Kilometer in der Schmalspur 880 mm verlegt. Die ungewöhnliche Spurbreite liegt übrigens im wenig tragfähigen Untergrund des Untergrundes. Die Fahrt von Lok und Loren war ein ordentliches Geschaukel, mit welcher die Gefangenen zu ihrem Arbeitseinsatz ins Moor gefahren und der Torf von der Abbaustelle zum Torfbahnhof transportiert wurde.
Aussichtsturm mit Blick über die renaturierten Kendlmühlfilzen
Vom Aussichtsturm genießen wir einen fantastischen Blick über eines der größten Hochmoore Bayerns. Eine Bank lädt zum Picknick im Schatten ein. Von 1995 bis 2005 wurden 350 Hektar trockengelegtes und teilweise abgetorftes Hochmoor durch die Anlage von Dämmen wieder vernässt, wodurch das Moor von Neuem zu wachsen beginnt. Heute haben hier seltene Libellenarten und jede Menge Amphibien eine neue Heimat gefunden.
Weiter zum Moorerlebnisweg im Südwesten wandern
- Wir folgen dem „Ewigkeitsweg“ 500 Meter nach Süden und nutzen die nächste Abzweigung um rechts abzubiegen. Im Zickzack wandern wir auf einem geschotterten Weg durch das vom Torfabbau unberührte Moor. Den südlichen Parkplatz der Kendlmühlfilzen erreichen wir nach knapp 1,5 Kilometer. Den idyllischen Kirchturm von Grassau seht ihr links hinter den Bäumen. 300 Metern auf der Zufahrtsstraße rechts abbiegen und dem Wanderweg 500 Meter Richtung Westen folgen.
- Entscheidet am Brunnenhausweg (letztes Haus auf der rechten Seite)
- ob ihr 330 Meter geradeaus, links gegenüber der Bundesstraße zum Museum Salz & Moor mit der Option auf leckeren Café und Kuchen wandern wollt (Corona-Öffnungszeiten beachten), danach dem Moorerlebnisweg nach Norden folgen, oder
- rechts nach Norden abgekürzt zum Moorerlebnisweg geht. Das war übrigens auch unsere Wahl. Auf den Bohlenweg-Abstecher ins Moos trefft ihr nach 400 Metern. Warum es hier so still ist, lernen wir auf einer Infotafel.
Ab hier weiter dem Weg Richtung Osten bis zum Waldrand folgen.
Moorerlebnisweg/Museum Salz und Moor
Mit 800 Metern ist der Moorerlebnisweg ein eher kurzes Vergnügen. Es gibt einen Erlebnisspielplatz mit Picknick-Station, einen Baumbalancierweg, einen ehemaligen Torfstich und diverse Rätsel zum Thema Flora und Fauna im Moor. Nahe am Museum Salz & Moor gelegen ist hier für alle der ideale Toureinstieg, die sich den Kendlmühlfilzen mit öffentlichen Verkehrsmitteln nähern. Das Museum informiert im historischen „Brunnhaus“ über die historische Salzproduktion und über das Hochmoorgebiet Kendlmühlfilzen.
An Rottau vorbei zurück zum Torfbahnhof wandern
- Zurück zum Torfbahnhof wandern wir 400 Meter am Waldrand Richtung Norden. Rechts nach dem Stadel im Bogen 500 Meter an Rottau vorbei bis zur Torfbahnhof Zufahrtsstraße spazieren. Auf Teer geht’s einen Kilometer weiter nach Norden. Die zwei Mehrfamilienhäuser auf halber Strecke links waren einst die Wohnungen der Justizbeamten, die die Strafgefangenen im Filz bewachten.
- Der Abzweiger zum Fußweg ins Moos befindet sich nach dem zweiten Haus auf der rechten Seite. Leider gibt es keinen sichtbaren Wegweiser auf der insgesamt recht gut ausgeschilderten Strecke. 450 Meter im Osten links abbiegen. Hier befinden wir uns auf der ehemaligen Feldbahnstrecke, welche im Norden auf den Torfbahnhof stößt. Auf 500 Metern finden wir immer wieder Gleisrelikte als Zeitzeugen. Am Waldrand müssen wir nur noch über Gleisschwellen einen Wassergraben queren, um auf den wieder sichtbaren Komplex des Moorbahnhofes zu treffen.