Stadtwanderung: Es gibt viele ausgezeichnete Gründe sich näher mit Freising zu beschäftigen. Auf und zwischen zwei Hügeln gelegen, hat sie nicht nur eine lange Geschichte, die man im großartigen Altbaubestand erkennen kann, sondern ist dabei erstaunlich vital geblieben. Gemessen am Alter der Einwohner ist die große Kreis- und Universitätsstadt die jüngste Stadt Bayerns. Nicht nur weil mein Vater Freisinger war, bin ich der Dom- und ehemaligen Herzogstadt aller wärmstens verbunden. Ich habe alte Bilder seines Fotoalbum zwischen unsere Bilder geschmuggelt und so die Zeit bis heute überbrückt. Freut euch auf Freising!
Freising erleben #1: Diese Tour kann übrigens ausgezeichnet mit unserer Isarwanderung bei Freising verbunden werden.
Das erwartet euch beim Stadtspaziergang durch Freising
- Freising wurde im Krieg weitgehend von Bombenangriffen verschont. Das merkt man der Stadt an. Eine tolle Altbausubstanz, kleine Gassen mit Stadtbächen. Wir schlängeln uns durch die Stadt. Der mächtige Dom signalisiert seit 1205, und von Weitem, dass in Freising die Kirche eine besondere Rolle spielt. Bei klarem Wetter seht ihr das nahe München und die Silhouette der nahen Berge. Entlang der Moosach wird es sehr ursprünglich und grün. Wir kommen an der Ruine der Korbinianskapelle vorbei, ehe wir den Hofgarten von Weihenstephan erreichen. Zu jeder Pflanzzeit blüht es hier in Saisonaler Pracht. Ach, und es gibt noch mehr zu entdecken ..
- Die Wege sind unkompliziert, gut gangbar und die Steigungen mit normaler Kondition ein Klacks. Jede Menge Treppenstufen sind zu bewältigen, was diese Tour für Kinderwägen und Rollstühle nicht fahrbar macht. Am Weihenstephaner Berg kann es im Winter glatter werden.
- Einkehrmöglichkeiten: Jede Menge! In der Unteren und Oberen Hauptstraße gibt es bayerische unter internationale Küche. Im Weihenstephaner Bräustüberl gibt’s nicht nur Bier von der ältesten Brauerei, sondern auch den Obazdn dort, wo er erfunden wurde.
- Anfahrt ist ein Klacks: Mit dem Auto und der S-Bahn.
- Ihr könnt den Vorschlag leicht mit unserer Freisinger Isarwanderung verbinden und dafür die hier vorgestellte Wanderung um Weihenstephan kürzen. Mit 7 Kilometern ist diese Tour ein prima Kompromiss.
Anfahrt nach Freising mit Auto oder S-Bahn
- Anfahrt mit der S-Bahn: Vom Hauptbahnhof München geht’s mit der S1 in 41 Minuten zum Bahnhof nach Freising. Mit dem Regionalexpress schafft man es in 24 Minuten. Zur Isar geht’s über den Parkplatz (P+R) auf der Fahrtseite rechts (Osten).
- Anfahrt mit dem Auto: Über die Autobahn A9 und die A92 dauert es bei Idealbedingungen von Schwabing Freimann bis zum P+R am Bahnhof etwa 30 Minuten. Die Ausfahrt Freising Mitte nehmen. Über Freising Lerchenfeld zur Isarbrücke, auf der Luitpoldbrücke die Isar kreuzen. Der Beschilderung folgen. Link zu Google Maps.
Losspaziert: Vom Bahnhof über den Isardamm zur Korbiniansbrücke
- Schöner ist es, die Tour an der Isar zu starten. S-Bahnfahrer verlassen die Anlage in Fahrtrichtung rechts (Osten). Über das P+R Areal geht’s nach Süden, wo sich am östlichen Ende ein Durchschlupf zum Fußweg und weiter ein Durchgang hinauf zum Isar Damm befindet. Hier wendet ihr auch nach links/Norden/flussabwärts. 600 Meter sind es bis zur Korbiniansbrücke. Ab und an erkennt ihr die Isar hinter den Bäumen hervorglitzern. An der Brücke wendet ihr euch nach links in die Erdinger Straße.
- Vorbei am Schützenhaus unterquert ihr mit der Unterführung die Bahnlinie. Auf der anderen Seite folgen wir der Heiliggeiststraße, überqueren dabei die Moosach. Knapp 80 Meter weiter ist das ehemalige Pflasterzollhaus erreicht, das sich unmittelbar an den Domberg schmiegt. Hier am verschwundenen Isartor der Stadtmauer wurde einst eine Abgabe für die Nutzung der kommunalen Straßen fällig. Gleich dahinter eine überdachte Treppe, die uns etwa 90 Stufen hinauf zum Amtsgericht führt. Oben durchqueren wir den Innenhof und spazieren auf der Zufahrtsstraße, bis wir 130 Meter westlich durch ein Tor auf den Domvorplatz kommen. Südwestlich findet ihr die Aussichtsterrasse, die ihr nicht verpassen solltet.
Freisinger Domberg: Der „Lehrberg“
Die Geschichte von Freising begann auf dem Domberg. Erste Siedlungsspuren reichen bis in die Jungsteinzeit 4200 v. Chr. zurück. Auf dem agilolfingischen Burgberg gründete der hl. Korbinian 739 das Bistum und spätere Hochstift Freising. 860 erbaute Bischof Anno einen neuen dreischiffigen Dom St. Maria und St. Korbinian, der über die Jahrhunderte mehrfach umgestaltet wurde.
Sehenswert sind die dreiteilige Vorhalle aus der Frühgotik die Krypta aus dem 12. Jahrhundert mit Steinsarg des hl. Korbinian, der Hochaltar aus dem Jahr 1625 von Philipp Dirr oder die Johann-Nepomuk-Kapelle (Seitenaltar I) im Seitenschiff, die Egid Quirin Asamin zwischen 1737 und 1738 gestaltete. Zum kostenlosen Audioguide
Auf dem Domberg existierten über Jahrhunderte religiöse Bildungseinrichtungen, die den Berg zum kulturellen, künstlerische und religiöse Zentrum Altbayerns machten. Das Diezösanmuseum wird derzeit umgebaut. Status zum Umbau
Vom Freisinger Domberg in die Altstadt gewandert
- Wir verlassen den Domvorplatz über die Zufahrt nach Norden. Nach 50 Metern am Gymnasium rechts abgebogen. Über das mittelalterliche Osttor der mittelalterlichen Dombergbefestigung geht’s runter zur historischen Altstadt von Freising. Wir folgen der Unteren Domberggasse bis zur zweiten Abzweigmöglichkeit auf der linken Seite. Der Luckengasse folgen wir nur 25 Meter, um auf die Fischergasse mit dem offenen Stadtbach zu stoßen. Ab dem Mittelalter siedelten hier Handwerker Gesinde, Metzger und Fischer, die im Dienst des Dombergs standen. Rechts eingebogen, bummeln wir 100 Meter bis zur Hummelgasse. Hier nach rechts (Norden) spazierend ist 120 Meter weiter die Untere Hauptstraße erreicht. Wir biegen links in die verkehrsberuhigte Hauptstraße ab, dem gewerblichen und gastronomischen Zentrum von Freising, die uns zum Marienplatz führt.
Seit der Verleihung des Marktrechts im Jahre 996 durch Kaiser Otto III. an den Bischof finden am Marienplatz (vormals Schrannenplatz) regelmäßige Wochenmärkte statt. Der Platz wird vom neugotische Rathaus, der Stadtkirche mit der Laternenkuppel, dem Asamgebäude – ehemals Fürstbischöfliche Lyceum und der Mariensäule bestimmt.
- Weiter 150 Meter auf der Hauptstraße nach Südwesten. Am Kriegerdenkmal weitet sich das Stadtbild, welches dadurch entstand, dass bis 1880 ein Stadtbach die Straße prägte. Die Verschmutzung des Wassers und der damit verbundene Gestank war ein größeres Problem, das mit der Abdeckung gelöst wurde. Mittlerweile ist die Moosach sehr sauber. Ab Mai 2020 wird die Obere Altstadt neugestaltet und bis 2022 das Gewässer freigelegt. Weitere Informationen zum Planungsstand.
Von der Freisinger Oberstadt weiter nach Weihenstephan spaziert
- Am Ende, wo Obere Hauptstraße, Johannis-/Wippenauer Straße zusammenstoßen, befand sich das westliche Stadttor. Wir queren halblinks die Kreuzung. Dahinter der Weihenstephaner Berg, an dessen Fuß wir links in den Veitsmüllerweg einbiegen. Ein Eis gefällig? Am nahen Café Dolimiti kann man kaum vorbeigehen.
- Entlang der Stadtmoosach kommen wir nach 350 Meter zum Veithof, einem landwirtschaftlichen Versuchsgut der TUM. Geradeaus am rechten Ufer, der „Schlangenweg“ heißt. Klingt gefährlich, ist er aber nicht. Diesen Wegabschnitt verbinde ich mit dem Frühling. Heller Laubwald, frisches Grün. Diesen Weg bin ich schon als Kind mit der gleichen Freude gegangen wie heute. Am Boden blühen Lungenkraut, Scharbockskraut und Aronstab. Bei einer Biotopkartierung wurden 69 Vogelarten gezählt.
- Wenn wir 850 Meter weiter den Mühlenweg erreichen sind wir wieder im Siedlungsgebiet. Zwischen Hausnummer 9 und 11 zweigen wir rechts auf einen Fußweg ab, der den Hang im Bogen 250 Meter fast hinauf nach Weihenstephan führt. Zum Korbiniansbrünnlein kommen wir über den Oberen Schlangenweg, der etwas unterhalb der Hangkante ab den Schrebergärten weiter 350 Meter nach Osten führt.
Der Erzählung nach stieß der Heilige Korbinian mit seinem Spazierstock am Südhang von Weihenstephan in den Boden, worauf an dieser Stelle Wasser hervorsprudelte. Das Wasser galt als Heilmittel bei Augenleiden und Fieber. 1718 wurde die Korbinianskapelle durch einen Neubau zu ersetzt, für den auch die Barockkünstler Gebrüder Asam verpflichtet wurden. Es war ein prächtiger Bau, der aber im Zuge der Säkularisation in Bayern 1803 größtenteils abgerissen wurde. Nur die rückseitigen Wände blieben als Stützmauer stehen. Der Brunnen unter der Kirche blieb erhalten.
- Vom Korbiniansbrünnlein gelangen wir über eine Treppe hinauf zum Hofgarten, von wo wir einen tollen Blick nach Süden genießen.
Weihenstephan
Stadtteil und Berg wurden nach der Abtei Weihenstephan benannt, die ihre Ursprünge im 833 gegründeten Kloster St. Veit hatte. Alle Klostergebäude hatte man zwischen 1674 und 1705 neu erbaut. Schon 1803 erfolgte die Auflösung des Klosters. Es erfolgte ein Abriss der Kirche und Teile des Klosters. Der Westtrakt und südwestliche Teil blieben erhalten. Die Gebäude, Stallungen und das Land wurden verkauft und der aus München übersiedelten Forstschule übertragen. 1895 wurde diese zur „Akademie für Landwirtschaft erhoben, aus der sich die heutige TU München und die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und der Campus Freising-Weihenstephan bildeten. Die Klosterbrauerei kam in den Besitz des Bayerischen Staates. Sie gilt als älteste Brauerei der Welt.
Mit Karl Obermayr im Bräustüberl
Zum Bräustüberl geht’s entweder rechts oder durch das Tor links um das Brauereigebäude herum. Was die wenigsten wissen: Die Weihenstephaner Silhouette bestimmenden Türme sind Wasserreservoirs für die Bierherstellung und für die Wasserversorgung.
Die Gaststätte hat eine schöne Südterrasse mit Kastanien, in denen die klassischen Biergartengerichte noch besser schmecken. Und der Obazde, der hier in den 1920er-Jahren von der Wirtin Katharina Eisenreich erfunden wurde.Hier saßen gelegentlich mein Vater und seine Spezl, zu denen auch der Schauspieler Karl Obermayr zählte. Er und Karl kannten sich aus der Schule, kamen beide aus einfachen Verhältnissen, wuchsen ohne Vater auf und absolvierten eine Ausbildung zum Buchdrucker. Das Foto von 1954 zeigt die Blosn vor einer Halbe Bier, ein Anderes beim Kuchenessen.
Vom Weihenstephaner Hofgarten zurück zum S-Bahnhof
- Vom Bräustüberl zurück zum Hofgarten spaziert
Unweit des nördlichen Tordurchgangs entdecken wir die Infotafeln, die mit Klinkersteinen im Boden nachempfundenen Umrisse der abgerissenen Klosterkirche. Drum herum, der ehemalige Klostergarten, heute Hofgarten genannt. Im Zentrum steht das Salettl, einst das Gartencasino der Weihenstephaner Äbte. Schöne alte Bäume, Stauden und Blumenrabatten machen einen Besuch zu jeder Jahreszeit zum Erlebnis.
- Vorbei am Salettl, verlassen wir den Garten im Osten über die Treppe zum Parkplatz. Durch das mit Löwen flankierte Tor biegen wir gleich rechts auf den Fußweg ab, der leicht abschüssig zurück zur Freisinger Altstadt führt. Hier lohnt ein Abstecher in den Oberdieckgarten, der 1925 durch den Bau eines Lehrsaalgebäudes vom Hofgarten getrennt wurde. Das Areal ist in rechtwinklige Gevierte getrennt, das verschiedene Gartenthemen aufgreift, wie Rosen, Duft- und Arzeipflanzen, Freilandorchideen oder Hortensien. Auf dem insgesamt 500 Meter langen Wegabschnitt kommen wir – fast unten am Veitsmüllerweg – am Lindenkeller vorbei. Wo heute der beliebte Gasthaus, Wirtsgarten und Eventlocation steht, gründete 724 der Heilige Korbinian seine erste Klosterzelle.
- An der nahen Kreuzung biegen wir rechts in die Johannisstraße ab. Nach 170 Meter südlich der zweiten Moosachbrücke links in den Fußweg abbiegen. Ihr könnt noch eine kurze Einkehr im schön gelegenen Parkcafe Freising oder im Rosengarten einige Meter weiter stoppen, wo im Sommer 80 duftende Rosensorten angepflanzt werden. Eine schöne Oase der Ruhe, die man über eine kleine Brücke erreichen kann. Hunde müssen leider draußen bleiben. 250 Meter sind es von der Johannisstraße zum Bahnhofstraße.
Wer nicht genau hinblickt, dem fallen an der Brücke, nahe dem Moorenbrunnen nicht die Löcher in der Stahlkonstruktion auf. Sie stammen vom Fliegerangriff auf Freising am 18.4.1945, wie eine Inschrift erinnert. 61 Flugzeuge griffen drei Wochen vor Kriegsende das Bahnhofsgebiet und umliegende Industriebetriebe an. Die Bombardierung fordert 224 Todesopfer, viele Verwundete und etwa 200 zum Teil total zerstörte Häuser. Das Bild eines Kinderwagens, der ins obere Geäst eines Baumes geschleudert und sich dort verfangen hatte, verfolgte meinen Vater bis ins Alter.
- 250 Meter sind es auf der Bahnhofsstraße bis zur S-Bahn. Wer öffentlich gekommen ist, für den ist die Runde hier zu Ende. P+R ist über die Unterführung am Bahnhofsgebäude zu erreichen.
Eine Seite im Fotoalbum sieht man, wie der zerstörte Bahnhof 1952 wieder aufgebaut wurde, von wo mein Vater später nach München zur Arbeit pendelte.