Wanderung über die stillgelegte Feldkirchner Tangente durchs Johanneskirchner Moos

Wanderung4,2 / 10 KilometerKarte

Manchmal braucht man einen Anlass – oder sagen wir wie es ist – „einen Tritt in den Hintern“, um Vorbehalte abzulegen. Mein Tritt in den Hintern war, dass Gitta am Samstag um 9:00 Uhr im ökologischen Bildungszentrum sein musste, wo sie einen „Weidenflechtkurs“ gebucht hatte. Selbst hatte ich darauf keine Lust, aber wenn man schon mal in Bogenhausen war, konnte man zumindest die Zeit nutzen, sich in dieser Gegend etwas genauer umzusehen. Mir kam in den Sinn, die „Feldkirchner Tangente“ abzulaufen, eine ehemalige Bahnlinie, die von Feldkirchen Anschluss zum Münchner Nordring, hinter dem Heizkraftwerk Nord, sucht. Da Gittas Kurs nicht überraschend kam, hatte ich ausreichend Zeit, mir eine Runde zu überlegen, die man gut im Laufe des Vormittags ablaufen konnte. Länge etwa 10 Km, viel Grün, Wasser, Neuland. Außerdem wollte ich dem Hachinger-Bach bei der Gelegenheit, „Hallo und auf Wiedersehen“ sagen, der sich im Aschheimer „Abfanggraben“ leise davon stiehlt, um später im Speichersee zu landen.

Losgewandert am Lebermoosweg 33, 81929 München

Das Auto hatte ich in unmittelbarer Nähe zur „Feldkirchner Tangente“ am Lebermoosweg geparkt. Von hier muss man nur die wenigen Meter auf den ehemaligen Bahndamm hochsteigen, um dort auf einen schönen Fußweg zu stoßen, dem ich in südöstlicher Richtung folge.

Feldkirchner Tangente

Lt. Tante Wiki wurde die sieben Kilometer lange Trasse 1941 in Betrieb genommen, „da die Anbindung der Mühldorfer Bahn an das Güterbahnnetz aus Platzgründen im Bereich von Zamdorf und Trudering nicht verwirklicht werden konnte.“ Zweigleisig geplant, hat man aber nur eine Spur in Betrieb genommen.

Kriegswichtig war die Bahn, da sie den Gütertransport gewährleiste, als in München die Gleisanlagen durch die Bombardierung bereits zerstört waren. Als die Isarbrücke kurz vor Kriegsende gesprengt wurde, war erst mal Schluss. Die Gleise hat man 1949 wieder entfernt. Der Schotter zeigt genau, wo einst die Dampflokomotiven schnauften. Viel Aufwand für nur fünf Betriebsjahre.

Auf dem Damm lässt sich gut gehen. Schon nach kurzer Zeit kommt die Brücke über den Hüllgraben, der das Wasser des Hachinger Bachs ab dem Michaelibad in einem Betonrohr bis südlich der A94 durch den Münchner Osten führt.  Auf der Brücke Glasscherben einer wohl nächtlichen Feier. Ich verlasse kurzzeitig die ehemalige Bahnstrecke, um Pelles Pfötchen zu schützen. Vom Damm hat man einen weiten Blick in das Johanneskirchner Moos. Ich mag die Weite, besonders wenn das Wetter so freundlich ist. Man hört stets das leise Rauschen des Autobahnrings aber dafür noch lauter das Singen der Vögel. Die Runde hab ich im Kopf. Links abbiegen, wenn rechts die Kleingartenanlage kommt. Versteckt hinter Büschen nach 200 Metern rechts der erste Baggersee.

Baggerseen wie an der Perlenkette

Die Weite verschleiert, dass man mal hier und dort, hinter Hecken renaturierte Baggerseen entdeckt.  Pelle und ich umrunden Weiher Nr. 1. Im Sommer ist es hier bestimmt wie im Urwald. — Wer die kurze Runde gehen mag, biegt hier links ab — Danach erst mal ein modernes Kieswerk. Hier wird noch kräftig abgebaut. An Werktagen ist’s hier gewiss lauter. Wir umrunden es in südlicher Richtung. Gleich an der Einfahrt zum Werksgelände finden wir den zweiten Baggersee. Einfach den Weg hinter dem Sperrbalken weitergehen. Zu keiner Zeit muss das Betriebsgrundstück betreten werden! Es gibt am nördlichen Ufer einen schmalen Pfad, der auf der Karte noch nicht eingezeichnet ist. Als wir auf der anderen Seite aus dem Wäldchen treten, schreiten wir links auf den Feldweg, der in Richtung des einzigen Weilers führt. Rechts kommt Baggersee Nr. 3. Gelegenheit für ein Picknick oder ein Päuschen auf der kleinen Halbinsel. Die Wolken ziehen zu.

Hüllgraben und das Ende des Hachinger Bachs

Am Gestüt rechts dem Ablaufkanal Richtung Aschheim folgen. Am Ortseingang die Möglichkeit befüllte Hundekotbeutel zu entsorgen und neue zu ziehen. Vorbei an der Pferdeklinik und zur Hauptstraße. Hier überqueren wir den Ablaufkanal, um auf der anderen Seite zurückzugehen. Hachinger Bach, bist du noch irgendwo? Keine Antwort. Der von 1926 bis 1929 gebaute Ablaufgraben entwässerte das Johanneskirchener Moos. Der Niedermoosgürtel ging durch den sinkenden Grundwasserspielgel nach und nach verloren. Rechts der Golfclub Aschheim. Das Team von der Golfclub-Gastronomie „Greens“ freut sich auf Besucher. Je schmutziger die Schuhe, desto mehr Spaß.

Die Wegbeschreibung zurück könnte simpler nicht sein. Einfach dem Wasserlauf folgen. Der Ablaufkanal wird zum Stausee. Seit 1989 sind die Böschungen als geschützter Landschaftsbestandteil ausgewiesen, um die sich heute der Landesbund für Vogelschutz kümmert. In den Stausee stürzt als kleiner Wasserfall, der Hachinger Bach. Ich höre ihn leise „Servus“ rufen. Wir gehen flussaufwärts am Ufer des Hüllgrabens entlang. Pelle springt ab und zu ins Wasser. Hilft alles nichts: um das Abbrausen daheim kommt er nicht herum. Irgendwann kommt der Bahndamm. Die Runde ist geschlossen. Das letzte Stück zum Auto gehen wir darauf in umgekehrter Richtung zurück.

Fazit. So schön kann also der Münchner Norden sein. Er fühlt sich anders an, luftiger. Vielleicht ist er etwas zersiedelt, aber wenn man die richtigen Wege findet, ist er toll und überraschend. Wie alt musste ich werden, dass ich ihm eine Chance gebe? Zu lange!

Wanderkarte Johanneskirchner Moos

1 Gedanke zu „Bahntrassen-Walking mit viel Natur im Münchner Osten“

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Helmut Eder

Das Spannende liegt nicht immer am Ende des Regenbogens. Immer auf der Suche nach den kleinen Abenteuern und Geheimnissen, die man draussen findet wenn man unterwegs ist. Ich blogge über unsere Touren, meist im Süden von München und das, was uns so bei den Runden in den Kopf kommt.