Wanderung zum Wasserschloss Reisach im Mangfallpark

Wanderung 4, 8 oder 10 KilometerKarte

Es ist Sonntag und unserer Tochter geht’s nach einer Woche Krankenstand wieder ganz gut. Sie hatte das Haus kaum verlassen und entsprechend blass strahlt ihr Teint. Weil auch meine Eltern sich anschließen sollten, ratterte das Gehirn: Eine Runde sollte es sein, die ohne großen Matsch auskommt. Natürlich landschaftlich reizvoll, von der Länge her variabel, unkompliziert erreichbar und eine interessante Story in Petto. Die Wahl fiel schnell auf Unterthalham im Mangfalltal. Die Tour: Variabel von Spaziergang bis Wanderung und etwa 8 oder 10 Kilometer Laufstrecke. Hin und zurück zum Wasserschloss sind es sogar nur knapp 4 Kilometer.

Losgewandert: Im Mangfalltal bei den SWM

Wir nutzen den Parkplatz südlich des Bahnüberganges bei der Zufahrt zum Betriebshof der Stadtwerke München. Der Weg ist asphaltiert. Klasse für Skater! Am Schlagbaum vorbei. Schon nach wenigen 100 Metern kommt auf der rechten Seite die „Hangquellfassung Gotzing“,  dessen 520 Meter langen Quellsammelstollens 1/4 des Trinkwasserbedarfes der Landeshauptstadt deckt. Spektakulär, nur wenn man es weiß.

Gleich nach der Mangfallbrücke folgen wir rechts dem Uferpfad. Der Pfad ist im Sommer wild und ursprünglich, aber gut begehbar. Wer eine bessere Wegvariante bevorzugt, kann auf dem Teerweg gehen, der parallel der Mangfall verläuft. Den Zusammenfluss von Schlierach von Mangfall verpasst man beinahe, da er sich im wilden Grün versteckt. Die Schlierachbrücke erreichen wir nach 850 Metern.

Unterthalham, das verschwundene Dorf

Als Münchner Ausflügler hätte man vor 70 Jahren den Ausgangspunkt bequem mit der Dampfeisenbahn erreicht. Heute gäbe es dabei Probleme, zumal es zwar die Bahnlinie, nicht jedoch den Bahnhof gibt. Um, wie die Stadtwerke München auf ihrer Webseite schreiben, den „Trinkwasserbedarf von über 1,5 Millionen Menschen ökologisch verantwortungsbewusst zu decken“, wurden im Laufe der Jahrzehnte drei Versorgungsgebiete erschlossen, die sich sinnvoll ergänzen und eines der „besten Trinkwasser Europas aus dem Voralpenland nach München bringen: das Mangfalltal, die Schotterebene und das Loisachtal.“ Und hier sind wir. Damit die Münchner ihren Wasserbedarf von mittlerweile 128 Liter pro Kopf und Tag zu decken, wurden hier ab 1879/80 mehrere Trinkwasserfassungen gegraben.

1930 gelang es München, die Papierfabriken in Reisach und Bacherach aufzukaufen. Über 70 Gebäude kamen von dem Dorf durch Aufkauf und Zwangsräumung in den Besitz der Stadt München, um sie dann abzureißen. Die Gründe: damit das Trinkwasser im Untergrund rein bleibt, darf an der Oberfläche nichts sein, was das Wasser verdreckt. Nur noch vom ehemaligen Bahnhof sind wenige Reste des Bahnsteigs übrig.

Ins Schlierachtal und weiter zum Überleitungskanal- und Wasserbrücke

Vor der Schlierachbrücke biegen wir links in den Wirtschaftsweg ein, um nach 100 Metern die Gleise der BOB zu queren. Weiter gehts, nach Süden entlang des Bahndamms, bis uns alsbald ein seltsames Bauwerk irritiert. Ein Aquädukt überspannt den Talbogen, inklusive der Oberlandbahn-Gleise. Die Wasserbrücke ist eigentlich das Ausleitungssystem für das Leitzachkraftwerk in den Seehamer See, deren Stollen von den Wehranlagen bei Weidenau und Wallenburg Wasser aus der Schlierach und Mangfall kilometerlang zur Stromgewinnung umleitet. Wir erreichen das Bauwerk nach 900 Metern.

Wir kreuzen das Aquädukt und folgen dem Weg links dem Bahngleis durch das Schlierachtal. Vereinzelt steht ein Bauernhof in der wunderbaren Landschaft, wo sich nur die Autos der Anlieger her verirren.

„Nix los hier“. Das hat sich im Tal wohl auch der Bahnwärter gedacht, der hier einen Bahnübergang ins Nichts bewacht hat. Und natürlich die Bundesbahn, die den Herrn dann nach Hause geschickt hat, wegen unnützer Kostenstelle und so.  Die zwei gelb-schwarzen Schlagbäume liegen nun seit 1998 geschlossen (wenn man dem Kalender trauen darf) neben dem Häuserl No. 6 und warten auf jemanden, der sie wieder in Bewegung setzt. Wir sehen das Bahnwärterhäuserl am Mobilfunkmasten und links oberhalb des Hanges das Dach des Schlosses Wallenburg.

Die Bienen lieben den gewöhnlichen Natternkopf

Bei Wallenburg, über die Schlierach und weiter wo Winkel im Winkel liegt

Unterhalb Wallenburg verengt sich das Tal. Unser Weg führt indessen rechts über die alte Schlierachbrücke und weiter 600 Meter durch den Hangwald in nördlicher Richtung hinauf, bis wieder die Sonne über die Felder lacht. Wir gehen geradeaus auf der kleinen Zufahrtsstraße zum Weiler „Winkel“, dem letzte Hof im Flussdreieck, bevor Mangfall- und Schlierachtal zusammenstoßen. Hinterhalb des Stadels wird der Weg zum Wiesenpfad, der nach 300 Meter auf einen Hohlweg trifft, der uns wieder hinab ins Mangfalltal führt (siehe „Kleine Orientierungshilfe“ am Ende des Beitrags). Um zum Wasserschloss Reisach zu kommen, führt die Wanderroute zunächst am Wegkreuz erneut 500 Meter nach Südwesten (links), dann im spitzen Winkel nach Norden. Die Landschaft erinnert etwas an den Englischen Garten, jedoch mit viel mehr ungemähten Blumenwiesen. Einen halben Kilometer weiter stoßen wir auf das Wasserschloss.

Das Wasserschloss Reisach

Am Standort des Wasserschlosses Reisach bildet der undurchlässige Untergrund, der so genante Flinz, einen trichterfrmigen Engpass, der das Grundwasser sammelt. In den Kessel hinein wurde von 1902-1913 die Grundwasserfassung Reisach gebaut, wo in 9 Meter Tiefe das Grundwasser in Sammelkanäle gefasst wird. Der trutzige Überbau verkörpert den Baustil vor dem Ersten Weltkrieg. Quelle: Infotafel am Wasserschloss Reisach

An der nahen Schlierachbrücke – einfach dem Weg folgen – schließt sich der Kreis. Geht entweder am Uferweg oder auf der Teerstraße zurück zum Parkplatz am SWM-Betriebshof.

Wanderkarte im Mangalltal / Wasserschloss Reisach

 

1 Gedanke zu „Trinkwassersafari im Mangfallpark: Wanderung zum Ursprung des Münchner Trinkwasser“

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Helmut Eder

Das Spannende liegt nicht immer am Ende des Regenbogens. Immer auf der Suche nach den kleinen Abenteuern und Geheimnissen, die man draussen findet wenn man unterwegs ist. Ich blogge über unsere Touren, meist im Süden von München und das, was uns so bei den Runden in den Kopf kommt.