Wanderung von Holzhausen über Ambach zur Kastler-Kunst-Meile

Wanderung 8,1 oder 11,7 KilometerKarte

Wer kennt es nicht: Ob auf Durchreise oder für länger kündigen sich Besucher an. Ihr wollt bei dieser Gelegenheit eure alte bzw. neue Heimat von ihrer besten Seite zeigen. Da ihr euch nicht schon wieder Neuschwanstein ansehen oder an den Tegernsee fahren wollt, sucht ihr etwas Näheres, wo man draussen ist, sich bewegt und etwas mit Bayern kokettieren kann. Tättäää: Voila ihr seid fündig geworden!

St. Johann Baptist. Wie aus dem Bilderbuch

Das erwartet euch auf der Wanderung zur Kastler-Kunst-Meile

  • Mit dieser Wanderung habt ihr viele Optionen: zum Beispiel die Anfahrt mit dem Dampfer über den Starnberger See nach Ambach, oder mit den Auto über die Garmischer Autobahn.
  • Es gibt zwei Tourenvarianten aus denen ihr wählen könnt. Eine Kürzere von 8,14 Kilometer, oder die Längere über die Kastler Kunst Meile und die Degerndorfer Aussichtskapelle Maria Dank mit 11,07 Kilometer.
  • Als Belohnung könnt ihr am Ende in das nette Wiesencafé Waldhauser in Holzhausen besuchen.

Losgewandert: 82541 Münsing, Kirchbergstraße 13

Unsere Wanderung startet auf einen Hügel, oberhalb des Starnberger Sees bei der schon von weitem sichtbaren Kirche St. Johann Baptist. Gotteshaus und Panorama finden sich in vielen Bildbänden über Bayern und auch auf dem ein oder anderen Puzzle. Ein guter Beginn! Bevor wir also starten, gehen wir rechts um die Friedhofsmauer herum, um nach einem kurzen Linksbogen eine Gruppe von Sitzbänken zu erreichen. Die Aussicht ist an klaren Tagen ein Knaller und birgt die Gefahr, noch vor den Start die mitgebrachte Brotzeit aufzuessen und versonnen in die Weite zu schauen. Bis 2003 stand hier übrigens der Rest der 1000-jährigen Linde, welcher Ausflüglern und Kirchbesuchern Schatten und Gemütlichkeit spendete. Wenn man ganz korrekt ist sogar nur bis 1993, wo ein fieser Sturm das Naturdenkmal gekappt hat. Zurückgeblieben ist ein Torso, bei dem man Angst haben musste, dass er spielenden Kindern auf den Scheitel plumpst. Will man natürlich nicht, weswegen man den Rest irgendwann weggeschnitten und durch einen jungen Baum ersetzt hat, der hoffentlich wieder 1000 Jahre steht.

Gegenüber der Kirche und rechts neben dem Kindergarten gehen wir den Wanderweg zuerst nach Süden. Erst neben dem kleinen Laubwäldchen, dann über die freie Wiese.  Wir sehen das Bio- und Vitalhotel Oberarmbach als Etappenziel vor uns liegen. Beim Herrenhaus kann man sich auf die Terrasse ins Restaurant „Roseninsel“ setzen und die Schuhbänder binden. Gleich neben den ältern Damen mit den großen Sonnenbrillen ist noch ein Platzerl frei. Der Herr Ober ist schon unterwegs mit einem Bioapfelkuchen mit Bioschlagram. Wir haben den Bogen über die Terrasse geschlagen und für uns beschlossen, dass es zum Einen für einen Einkehrschwung zu früh ist und zum Anderen das gestelzte Ambiente nicht zu uns passt. Da sitzen wir lieber auf einer Decke in der Wiese und essen Karottensticks aus der Tupperdose als uns hier fehlzuplatzieren.

Von Oberambach nach Ambach am Starnberger See

Gleich westlich des Herrenhauses beginnt die Allee, zwischen deren Bäumen wir etwa 400 Meter runter nach Ambach gehen. Es ist wirklich schön hier. Rechts und links des Weges stehen weiße Buschwindröschen im noch frühlingskargen Gebüsch. In Bäumen geritzt, die Liebeszeichen von gestern, die hoffentlich bis ins Heute reichen und länger. Am Ende der Allee ist der See nicht mehr weit.

Wir biegen links in die Holzbergstraße ein, die sich nach 300 Meter und einem Linksbogen in die Seeuferstraße verlängert. Es dauert aber noch etwas bis wir an das Wasser kommen.  Obwohl nach der Bayerischen Verfassung und dem Artikel 141, Absatz drei, den Bürgern das Recht auf freien Zugang zu den Naturschönheiten Bayerns garantiert ist, gibt es hier erst mal keinen freien Zugang zum See. „Privat“ steht an jedem Eingang der kleinen Seegrundstücke, an denen wir vorbei schreiten.

Waldemar Bonsels Haus

Es ist nicht zu übersehen, das Tor zu Waldemar Bonsels Haus. Es ist bunt, aus Holz und offensichtlich von keinem bayerischen Künstler gestaltet. Waldemar Bonsel kennt man als Autor von „Biene Maja“, der hier an der Seeuferstraße 25 von 1920 – 1940 gelebt hat.  Er war einer der meistgelesenen Autoren in Deutschland, der neben der süßen Biene Maja auch einigen Mist geschrieben hat, z.B. die  kriegspropagandistischen Münchner Feldposthefte oder NSDAP und Judentum, wo er die Auffassung vertrat, dass  „der Jude anders ist als wir“. Wer hätte das gedacht. Das Haus ist derzeit privat vermietet. Der von der Stiftung eingerichtete Gedächtnisraum mit dem Original-Schreibtisch Bonsels’ und seiner Bibliothek ist nicht öffentlich, kann jedoch in der Regel am Mittwoch zwischen 11.00 und 12:00 Uhr nach telefonsicher Voranmeldung besichtigt werden (Telefon 08177/1328).

Das schöne Tor ist übrigens vor Bonsels Zeit hier aufgestellt worden,  nämlich 1885/86 von dem aus Ungarn stammenden Bela von Benczúr aus dessen Heimat es stammt.

Vom Tor sind es nur etwa 140 Meter zum Gasthaus Fischmeister und zum Dampfer-Anlegesteg. Wer von Starnberg oder Feldafing mit dem Schiff kommt, beginnt seine Wanderung direkt hier.

Der Biergarten und das Ambiente des traditionsreichen Gasthauses zum Fischmeister ist einladend. Bei heißem Wetter fällt das Einkehren besonders leicht. Was hier aber so urig daherkommt, richtet sich vorwiegend an ein Münchner Ausflugspublikum, die ihren Mini am liebsten vor der Türe parken. Bayerisch rustikale Küche findet man hier weniger, dafür Fleisch vom Ökometzger. Der Schweinebraten mit Knödel und Blaukraut hat im April 2016 16,80 € gekostet und der Thailändische Kohlrabisalat 7,80 €.

Am Seeufer entlang zum Campingplatz Hirth

Wir folgen der Seeuferstraße weiter nach Süden. Schöne Häuser und Grundstücke. Gelegentlich kommen Autos. Pelle unseren Hund lassen wir hier vorsorglich nicht frei laufen. Nach etwa 600 Meter biegt ein Fuß- und Radweg am Schullandheim rechts ab. Hier geht’s rein! Endlich kommen wir richtig ans Wasser, denn hier beginnt das Erholungsgebiet Ambach. Nach dem Strand bei Possenhofen ist es der größte Badeplatz am Starnberger See, mit flach ins Wasser gehendem Kiesstrand. Ist Sommer, könnt ihr euch hier auf eine Liegewiese legen und Schwimmen oder am Kiosk östlich der großen Liegewiese ein Eis kaufen.

Danach beginnt der Campingplatz mit seinen vielen Dauerstellplätzen. Der Weg geht noch eine Weile am Ufer entlang und beschreibt am Ende einen Linksbogen, bis er auf die Zufahrtsstraße „Am Schwaiblbach“ trifft. Wir haben hier die Gelegenheit genutzt uns an den neuen Wohnwagen unserer Freunde Corla und Peter zu setzen und eine Brotzeit zu machen. Leider waren sie nicht da.

Am Parkplatz ändern wir die Richtung und wandern im spitzen Winkel die Zufahrtsstraße des Camping-Platzes in Nord-Östlicher Richtung ca. 300 Meter zurück, bis wir die Staatsstraße von Münsing nach St. Heinrich erreichen und diese überqueren. Auf der anderen Straßenseite sind es keine 100 Meter, wo man einen lockeren Wiesenweg beschreitet, um auf den Forstweg zu stoßen, der in nordöstlicher Richtung in den Wald führt.

Über Schallenkam, Steingrub zur Kunstmeile nach Happerg

Es geht sich schnell hier im Wald. Der Weg ist gut, und nach einem Kilometer erreichen wir den Weiler Schallenkam, der alleine mit der kleinen Kirche St. Kastulus auf einer Waldlichtung steht. Es riecht nach Bayern, der Bauer hat wohl kürzlich Gülle auf der Wiese ausgebracht. Wie schön und still es hier ist. Ich bin neidisch auf die Bewohner des Bauernhauses, die hier ihre idyllische Ruhe haben. Wir bieten auf den östlich abzweigenden Weg ab. Am Bauernhaus nicht vorbeigehen! Ihr seid richtig, wenn nach 100 Metern rechter Hand ein Fischweiher erscheint, durch den ein kleiner Bach verläuft. Diesen Bach namens Grenzgraben haben wir bei Ambach übrigens schon mal überquert. Ein Bankerl lädt zum kurweiligen Verweilen ein.

Die ungeteerte Straße verläuft zwischen Wald und Wiesen. Nach 500 Metern stoßen wir auf eine weitere, ungeteerte Straße, die in nord-südlicher Richtung verläuft. Spätestens hier entscheidet sich, ob ihr links, also nach Norden und lieber die kürzere Tour gehen, oder nach rechts, die etwa 2,5 Kilometer längere Tour über die Kastler Kunstmeile und Aussichtskapelle gehen wollt.

Der kurze Weg zurück nach Holzhausen:

Es kommt nicht mehr häufig vor, dass offizielle Straßen ungeteert sind, hier ist es der Fall. Autos kommen einem hier eher selten entgegen. Von der Abzweigung sind es zum Weiler Birklkam einen halben Kilometer. Wir halten die Richtung bei und gehen rechts daran vorbei. Auch nach ca. 500 Metern und der nächsten möglichen Abzweigung bleibt man der Grundrichtung treu und wandert 200 Meter leicht halb-links nach Norden weiter. Der Waldrand ist bald erreicht, von wo wir wieder einen weiten Blick genießen können. Zuvor machen wir das, was wir bei den letzten Abzweigungen auch gemacht haben: Richtung beibehalten, auch wenn wir die Straße gegen einen Waldweg tauschen müssen.

Unseren Ausgangspunkt, den Kirchturm von St. Johann Baptist sehen wir wieder unter freien Himmel im Westen, weswegen es bezüglich des Rückweges wenig Irritation geben sollte. Einfach den gemütlich mäandernden Feldweg nach Holzhausen nordöstlich weitergehen, die Staatsstraße überqueren und auf der gegenüberliegenden Seite den Fußpfad nach Westen wandern. Am Bauernhof rechts vorbei, danach links ins „Dörfel“ einbiegen und den Fußweg hinauf zur Kirche steigen.

Der längere, interessantere Weg zurück

Wenn man rechts abbiegt, erreicht man nach 170 Metern die Weiler Mühljörg und wenig weiter Steingrub. Auf das kleine Dorf Happberg stößt man nach 700 Metern. Einfach der Schallenkammerstraße zuerst nach Osten und dann in nordöstlicher Richtung folgen. Im Ort biegt man zunächst rechts, dann links in den Kellerweg ab um unvermittelt vor der Kastler Kunstmeile zu stehen. Kunst vermutet man hier nicht. Nur durch Zufall bin ich beim Kartenstudium in Open-Street-Map auf die Bezeichnung „Gorilla“ in einer Wiese aufmerksam geworden.

Die Kastler Kunstmeile

Hans Kastler (1931*) war ein österreichischer Bildhauer, der als freischaffender Künstler im Happerg gearbeitet und zahlreiche Preise, darunter das Bundesverdienstkreuz erhalten hatte. Sein Wunsch war es, das künstlerisches Erbe in seinem Heimatort zu belassen. Ein Landtausch machte es möglich, das Grundstück vor seinem Atelierhaus für die Kastler Kunstmeile zur Verfüung zu stellen und dort Skulpturen als Dauerleihgabe auszustellen. Leider ist Hans Kastler im August 2016 verstorben.

Dort steht nun der Gorilla in der Wiese, die Säule des Lebens und der Grünschnabel. Etwas unbeachtet und im toten Winkel haben die Skulpturen mehr Sichtbarkeit verdient

Vor uns sehen wir im Norden unser nächstes Ziel bereits vor uns liegen. Es ist die Kapelle Maria-Dank auf dem Fürstenberg. Wir bleiben zunächst auf dem schmalen Feldweg, der den großartigen Namen „Kulturmeile“ trägt. Nach 700 Metern geht es links am Feldsaum auf die 715 Meter hohe Erhebung hin. Es ist eher ein kleiner Buckel, der keinem große Anstrengung abverlangt, aber hoch genug ist, einen wunderbaren Blick ins Land zu haben. An der nach Westen hin geneigten Seite der Kapelle stehen Bänke, um die Aussicht in ruhe genießen zu können.

Hans Kastler

Die Kapelle wurde übrigens 1948 als Dank für den unbeschadeten Krieg von der Gemeinde Degerndorf gestiftet.
Da das Dorf in der Einflugschneise der auf München zufliegenden Bomberverbände lag und mehrfach knapp fehlplatzierter Brandbomben entkam, hat man dieses Gotteshaus zwischen die bereits existierenden Bäume gebaut.

Zurück geht es über den Weg auf der nördlichen Seite des Berges. An der kleinen Verbindungsstraße halten wir uns links und gehen zunächst 900 Meter nach Westen. Es kommen nicht viele Autos, doch wenn eines passiert, scheint es, als hätte der Fahrer einen Pakt mit den Teufel geschlossen. Passt auf, die fahren hier wie die Deppen! Bei der nächsten Gelegenheit biegen wir rechts (Norden) zum Dorf Attenkam ab. Noch bevor man das Dorf erreicht, wandern wir links über den Feldweg einen Kilometer nach Holzhausen.

Als letzter Zwischenstopp bietet sich ein Besuch des Café Waldhauser in der Brunnenstraße an (rechts am Ortseingang gehen). Die Tische stehen in der Wiese und auf dem Spielplatz für die Kinder befindet sich sogar ein alter Traktor. Die Nußschnecke war klasse!

Wer sich diese Belohnung nicht gönnen will, hält sich an der Brunnenstraße links, bis man an die Staatsstraße von Münsing nach St. Heinrich kommt. An ihr gehen wir 300 Meter bis zur Abzweigung zur Kirche. Den Weg seid ihr schon mit dem Auto gefahren.

Fazit: Egal welche Tour man geht, es macht Spaß! Man sollte sich Zeit nehmen, denn nichts kann eine schöne Wanderung verderben, außer wenn man am Ende ins Hudeln kommt.

Wir widmen die Tour Johann, Corla und Peter!

Wanderkarte zur Ambach-Rundtour

 

Author:in

Helmut Eder

Das Spannende liegt nicht immer am Ende des Regenbogens. Immer auf der Suche nach den kleinen Abenteuern und Geheimnissen, die man draussen findet wenn man unterwegs ist. Ich blogge über unsere Touren, meist im Süden von München und das, was uns so bei den Runden in den Kopf kommt.